[dropcap]D[/dropcap]amals waren sie die ersten Verrückten, die sich auf uns eingelassen haben. Schon allein deshalb haben die Jungs von Dreimillionen ganz besonderen Support verdient.
Heute, fast anderthalb Jahre später nun, wurde unser Ruf erhört. Endlich gibt es neue Musik von den Jungs in Form einer EP. Ehrensache, dass wir da natürlich genauer reinhören müssen.
Name | Aus Gold von Dreimillionen ¹ |
Erschienen | am 20.02.2015 |
Musikstil | deutscher Alternativ-Pop/Rock |
Spieldauer | 32:53 min verteilt auf 8 Songs |
Weitere Infos | |
zu erwerben via Amazon*, iTunes & Co. |
„Träumen kann man immer“. Jetzt wird scharf geschossen. Dreimillionen zeigen direkt zu Beginn, was sie können. Diese Nummer besticht vor allem durch Tempo und Wechsel der Gesangsstile. Ich erwische mich dabei, wie ich mich in den OK KID!’schen tieferen Sprechgesang von Prechorus und Bridge verliebe. Je öfter ich den Song höre, desto weniger komme ich davon los. Während ich nach dem ersten Play noch dachte, dieser Song hätte kein Ohwurmpotential, erwische ich mich mittlerweile beim stetigen Mitsingen. Das „Ohohohohohoho“ geht ja notfalls eh immer.
Der zweite Titel der EP nennt sich „Fliegen“. Was mich auf Anhieb beeindruckt – diese unfassbare Gefühl in der Stimme. Was so viele Künstler heute gar nicht mehr schaffen, ist hier von Anfang an da. Ich bin hin und weg. Hier haben wir es zwar mit einem weniger eingängigen Song zu tun, dafür hat dieser aber umso mehr Tiefe. „Doch wenn schon Bodenständigkeit für uns Offenheit bedeutet, ist dann das Fliegen nicht die Flucht vor der Ehrlichkeit?“
„Sprachlos“ punktet wieder mit deutlich mehr Energie und einem schon im Instrumental spürbaren negativen Unterton. Die Lyrics verraten – das muss tatsächlich so. „Und ich schrei, doch kein Wort kommt bei dir an, ich bin machtlos, sprachlos, ich bin machtlos, sprachlos und wir Zwei sind am Ende angelangt, doch meine Worte sind verbannt hinter einem versteinerten Lächeln, wann wird es brechen?“ Wieder sticht besonders die Bridge heraus, die mich diesmal sogar an meine alte Musikliebe Panik (Nevada Tan) erinnert. Was da los, Jungs? Wo gibt’s mehr von genau diesem Sound?
Ich muss zugeben, dass ich vor Hören des vierten Songs zunächst etwas skeptisch war, da „Mondholzfäller“ ja bereits als Akustikvideo veröffentlicht wurde und es mich da nicht überzeugen konnte. Doch ich muss meinen Hut ziehen – ich habe nichts zu beanstanden und der Track wird ganz heißer Anwärter auf eine ewige Endlosschleife in meinem Kopf. Der ist nicht nur meiner Ansicht nach richtig gut arrangiert und umgesetzt, mich fasziniert auch das dabei transportierte Gefühl. Bei der roughen Bridge im Stil von Marathonmann gibt es für mich kein Halten mehr. Liebe Band, bitte in Zukunft mehr davon! Entfernt euch weiter vom sauber geleckten Sound, habt Mut zu Ecken und Kanten. Dieser Stil tut euch wirklich gut.
Beim ersten Hören von „Phönix“ schießt mir in vielfacher Hinsicht unser Interview in den Kopf. Wie ein Phönix ist die Band im Jahre 2013 aus der Asche gestiegen. Damals haben uns die Jungs verraten, dass sie unter anderem 30 Seconds to Mars hören. Es mag etwas hoch gestapelt klingen, den Sound der Jungs mit einer solchen musikalischen Größe zu vergleichen, doch die Parallelen sind an dieser Stelle einfach nicht zu überhören. „Wir sind Gold“ heißt es zudem in diesem Titel, was nochmals unterstreicht, wie viel der Song mit Dreimillionen selbst zu tun haben muss.
Im Rahmen der EP schließen sich an diese fünf Songs nun noch drei Akustikversionen an, nämlich jene von „Träumen kann man immer“, „Fliegen“ und „Mondholzfäller“. Bei allen jeder von diesen fällt auf, welch großen Wirkungsraum sie für sich beanspruchen. Mir schießen ein etwas größerer hallender Raum wie eine Kirche oder etwa ein Festival bei Sonnenuntergang als passende Konzertszenarien in den Kopf, für so raumfüllend empfinde ich die Wirkungskraft der Darbietungen.
Und das ist es übrigens auch, was mir abschließend vor meinem geistigen Auge für Dreimillionen vorschwebt: so jung und unerwachsen die Jungs oftmals noch wirken mögen, so großes Potential sehe ich aber auch in ihnen. Die Fünf sind musikalisch gereift, ihre Songs strotzen glücklicherweise auch nicht vor dem typisch dudeligen Radio-Mitsingpotential. So muss man sich für diese Band tatsächlich etwas Zeit nehmen. Doch dann kann man sie ohne Bedenken als eine Art Geheimtipp genießen. Dürfte ich die Zukunft für Dreimillionen schreiben, so sähe ich sie definitiv auf den Festivalbühnen Mitteleuropas. Das könnte meiner Ansicht nach einfach genau ihr Ding sein.
Außerdem möchte ich die Band hiermit gern zu einem weiteren Interview einladen, schließlich hat sich in der Zwischenzeit ja doch schon eine ganze Menge getan…
Anspieltipps: „Mondholzfäller“, „Träumen kann man immer“