Wenn mich die Campusfeste einer Universität bisher nicht enttäuscht haben, dann wohl die der Universität Duisburg-Essen. Doch ob der hohe Standard mit UNITOPIA auch 2018 noch gehalten werden konnte?
Nach längerem Hin und Her habe ich mich endlich mal wieder auf den langen Weg in den Ruhrpott gemacht. Grund dafür war dieses Mal das UNITOPIA AStA Campusfest der Universität Duisburg-Essen, in dessen Rahmen ich vor allem endlich einmal die großartigen Egotronic persönlich kennenlernen wollte, aber fangen wir von vorn an…
Als ich nach knappen drei Stunden Bahnfahrt endlich auf dem L-Campus in Duisburg ankomme, muss ich mich zunächst in all diesem Gewusel orientieren. Also connecte ich ein wenig mit dem AStA und der studentischen Monatszeitung ak[due]ll und lasse mir beim Erkunden des Campus etwas aus dem Alltag diverser studentischer Initiativen und Referate erzählen. Ich esse leckere Zuckerwatte, besuche den Stand der absolut unterstützenswerten Wasserinitiative Viva Con Agua und freue mich während des Auftritts der wirklich entspannt klingenden LoFi-/Folk-Band BRTHR aus Stuttgart über das tolle Essensangebot samt toller Auswahl veganer Speisen.
Während meiner kleinen Erkundungstour stoße ich gedanklich das erste Mal so richtig bewusst auf ein Problem: Bisher war mir die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) noch recht egal, doch wie handhabe ich das an einem so frei zugänglichen Veranstaltungsort wie einer Universität?
Deutlich gehemmt schieße ich nur verhalten eine Hand voll Bilder an der kleinen Bauwagen-Buden-Bühne, erwische so immerhin zufällig Bands wie Zeitkonsum, Wegbier und Tune Circus. Gerade letztere hätten mit ihren aufblasbaren Gitarren für das Publikum ein wirklich schönes Motiv abgegeben, aber tatsächlich ist mir die ganze Problematik da plötzlich zu heikel.
Kommen wir daher besser zu jenem Part, der an diesem Tag eher unter meiner Kontrolle stand. Der Pressegraben an der Stadtschalle Bühne bot mir glücklicherweise die Möglichkeit, bei Unsicherheiten auch ausschließlich die auftretenden Acts fotografieren zu können. Und aus diesem Grund konzentriert sich der Bericht von hier an nur noch auf die Musiker*innen auf dieser Bühne.
Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, seinen Auftritt nur rein ironisch anzusehen, aber kaum hat der junge Mann seine Trinkpäckchen in das Publikum geschmissen, ist dieser Vorsatz bei mir verflogen. Rapper und Grinsebacke Juicy Gay punktet nicht nur mit seiner klaren politischen Einstellung und seiner von Grund auf ehrlichen netten Art. Fast mühelos hat er die Crowd vor der Bühne im Griff. Es wird gepogt, laut mitgegrölt und dennoch aufeinander geachtet. Als er dann auch noch schön umschreibt, es rieche „hier nach Hip Hop“, hat er mich endgültig auf seine Seite gezogen. Juicy Gay ist einfach ein dufter Typ.
Nahtlos geht es über einen gemeinsamen Track schließlich zum Auftritt von MC Smook über. Seine Synthie Pop Samples erinnern mich zunächst ein bisschen an MC Fitti, ehe mich die thematischen Sprünge von der AfD über Delfine bis hin zum Dropping diverser Schuhmarken schließlich so sehr zum verwirrten Lachen bringen, dass ich letztlich nur noch Kokosnussbutter und einen albernen Alman im Kopf habe…
Nachdem ich bereits ihre Duettpartner Edgar Wasser und Fatoni live gesehen undfotografiert hatte, bin ich total auf den nächsten musikalischen Act auf der Stadtschalle gespannt. Bisher haben mich leider nur einzelne Songs von ihr überzeugt, aber was nicht ist, das kann ja noch werden.
Und genau so ist es dann auch. Mines Ausstrahlung, ihre unglaublich coole Art und Performance hauen mich einfach nur um. Ich würde sogar so weit gehen und im Nachhinein sagen, dass sie mit ihrem guten Livegesang, ihren lässigen Tanzmoves und ihrer wirklich talentierten und die Instrumentale voll auskostenden Band für mich mit Abstand den besten Auftritt des Tages hingelegt hat. Und das, obwohl mich bereits während des Konzerts das Gefühl beschleicht, ihr säße ein ziemlich großer Druck von Perfektion im Nacken.
Ach übrigens: Herzlichen Glückwunsch zum Bestehen der Gitarrenprüfung, Hannes!
Während die Show von Mine doch eher einer Erholung von den zum Teil schon deutlich gesellschafts- und politikkritischen Auftritten darstellte, zieht der Ton mit Rapperin sookee nun wieder deutlich an. Ich liebe es, wenn klassischer Rap auf Live-Instrumentale trifft. Und obwohl ihre Texte zum Teil echt krass an die Nieren gehen, macht mir und dem Publikum ihr Auftritt wirklich Spaß. Fette Daumen hoch für sookee und ihren heftigen Flow.
Mit reichlicher Verspätung betritt nach sookee auch der wohl der umstrittenste Act des Abends die Bühne. Egotronic sind eine Band, die polarisiert. Und vielleicht ist es genau das, was ich so toll an ihnen finde. Sie kritisieren und überzeichnen, strecken zum Teil auch mehr als nur den verbalen Mittelfinger hoch… und bringen dabei sogar eine zuckersüße Oma mit Rollator in der ersten Reihe zum Tanzen. Gleichzeitig wird nur wenige Personen weiter die absolute Gleichberechtigung gelebt, indem sowohl nackte Männer- als auch Frauenbrüste fröhlich im Takt mitwippen.
Egotronic wissen ihren Status zu nutzen. Während sie die geplante Stage Time unvermeidlich überziehen und fast schon händeringend auf einen Abbruch durch die Polizei warten, lassen sie sich freiwillig vom Publikum mit Getränkebechern bewerfen: „Euer Hass auf uns macht Viva Con Agua stark!“
Disclaimer & Dankeschöns
Ich habe zwar besonders aufgrund der Location besonders darauf geachtet, aus rechtlichen Gründen möglichst wenig Publikum zu fotografieren, aber da ich auf dem einen oder anderen Bild doch gern etwas Stimmung festhalten wollte, kann man hier und da auch mal Leute abseits der Bühne erkennen.
Solltet ihr nun irgendwo auf einem Foto zu sehen sein und möchtet damit nicht im Internet stehen, dann schreibt mir bitte einfach unter christin(at)schallgefluester(punkt)de und ich entferne dieses schnellstmöglich aus dem Beitrag.
Große Dankeschöns gehen raus an den AStA der Universität Duisburg-Essen, alle Mitwirkenden des Events, die Vertreter*innen der studentischen Monatszeitung ak[due]ll und im Speziellen auch an Egotronic samt aller Menschen, mit denen ich mir nach dem Festival noch die Nacht um die Ohren geschlagen habe.