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Eine neue Ära von Schallgefluester bricht an. Nie war es mir egaler, was selbsternannte Musikexpert*innen davon halten, dass ich nun endlich durchziehe, worauf ich Lust habe. Und aus diesem Grund habe ich kürzlich ein Konzert von LINA fotografiert und dabei nicht zu knapp mitgesungen…

Auch wenn ich kaum glaube, dass ausgerechnet er es hier lesen wird – an dieser Stelle möchte ich zunächst einmal dem Vater danken, welcher mich neulich auf dem Adam Angst Konzert in Dortmund gefragt hat, ob ich auch Shows wie jene von LINA fotografieren würde, weil seine Tochter großer Fan sei. Da ich ihre Musik schon seit dem Jahr 2013 sporadisch verfolgte, ein paar Leute aus Linas beruflichen Umfeld durch ihre früheren Musikerzeiten kenne und das Album Ego sogar Soundtrack meiner Bachelorarbeit war, fasste ich so nach einem knappen Jahr des Überlegens den Entschluss, endlich ein Konzert der deutschen Ausnahmekünstlerin zu fotografieren. Und am vergangenen Montag, dem 25. März 2019 war es dann soweit.

Das Bequeme an einem Konzert mit überwiegend jungem Publikum? Einlass um 18 Uhr, Beginn um 19 Uhr. Besser geht es für einen Montagabend und einen etwas längeren Anreiseweg ja gar nicht.

Ich erreiche das E-Werk nur knapp nach Beginn des Einlasses. Zu diesem Zeitpunkt ist die Warteschlange sicher über 100 Meter lang. Auch vor dem gegenüberliegenden Palladium haben sich schon ein paar Menschen versammelt, die auf Einlass zum ersten von insgesamt drei AnnenMayKantereit Konzerten an drei aufeinanderfolgenden Tagen warten. Habe ich mich heute wirklich für die richtige Veranstaltung entschieden?

Heute ist das Publikum des E-Werk zweigeteilt: Wer direkt vor der Bühne im sogenannten „Front Of Stage“-Bereich stehen will, musste dafür etwas tiefer als gewöhnlich ins Portemonnaie (oder im Zweifelsfall das der Eltern) greifen. Der durch ein Absperrung und Einlasskontrollen davon abgesperrte Bereich für die Inhaber*innen eines „normalen“ Tickets befindet sich etwas weiter hinten.
Da mir eine Vielzahl der Besucher*innen – abgesehen von deren meist eher an den Seiten und weiter hinten versammelten Begleitpersonen – gerade einmal bis zum Bauchnabel oder knapp drüber reicht, bin ich im mir nicht ganz so sicher, was ich von dieser Politik halten soll. Umso mehr freue ich mich aber darüber, dass die Location zumindest mit Emporen ausgestattet ist, die vielen Kids einen guten Blick auf die Bühne ermöglichen.

Unter zahlreichen Rufchören geht es kurz nach 19 Uhr dann auch vielversprechend los. Während eines stattlichen Intros betreten zunächst die Musiker der Band, schließlich auch vier Tänzerinnen und LINA die Bühne. Das Publikum tobt, singt von Anfang an lautstark mit.

Lina Larissa Strahl liefert das perfekte Gesamtpaket: Sie singt nicht nur fast genau wie auf Platte (und dennoch nicht Playback), sondern legt währenddessen auch noch die eine oder andere starke – wenn auch vielleicht nicht immer ganz zum Song passende – Choreographie aufs Parkett. Und wenn sie nicht gerade mit ihren Tänzerinnen in Aktion ist, dann sucht LINA die Nähe zum Publikum. Ob vom Bühnensteg oder von den Seiten, immer wieder winkt und lächelt sie einigen Fans im Publikum direkt zu.

Zwischen ihren Liedern erzählt LINA auch kleinere Anekdoten. Alles Rosa beschreibt sie etwa als Gute-Laune-Song, um morgens besonders gut aus dem Bett zu kommen.

Doch die Musikerin ruht sich nicht etwa auf der seichten Unterhaltung voller Konfetti und Glitzer aus. So weist sie dem jungen Publikum beispielsweise in einer der kurzen Pausen zwischen den Songs – ganz ähnlich wie in ihrem Lied Hype – darauf hin, dass in der Welt nicht alles wie auf den sozialen Medien ist. In Zeiten der Hunde- und Beautyfilter bin ich wirklich froh darüber, dass sie so verantwortungsvoll mit ihrer Rolle als Vorbild vieler Kinder und Jugendlicher umgeht.

Ganz ohne die eine oder andere Neckerei geht es dann aber doch nicht. So motiviert LINA das überwiegend jüngere Publikum zum lauten Mitsingen, indem sie darauf verweist, dass am nächsten Tag ja Schule sei und ruhig alle dort heiser sein könnten. Und ganz ehrlich: So laut, wie das Publikum mitsingt und selbst den Applaus durch Schreien ersetzt, bin ich davon überzeugt, dass so mancher Fan am nächsten Tag wirklich keinen Ton mehr herausgebracht hat.

Obwohl ihre Performance zu Großteilen nahezu perfekt wirken mag, nimmt LINA sich bei all der Show selbst nicht allzu ernst, scherzt über Lina am Limit (statt Leben am Limit) und über das jahrelange Verwechseln von Trinkflasche und Mikrofon und muss an manchen Stellen der Show so sehr lachen, dass sie nicht singen kann und das Publikum ihren Part mühelos übernimmt.

Was mich dann doch wahnsinnig überrascht: Auf die Nachfrage hin, wie lange die Fans LINA und ihre Musik schon verfolgen, stellt sich heraus, dass der überwiegende Teil des Publikums sie bereits seit dem Jahr 2013 kennt, wo sie im Rahmen der KiKa-Musiksendung Dein Song zur Songwriterin des Jahres gekürt wurde. Dementsprechend laut sind die Reaktionen, als sich die junge Musikerin zu ihrem damaligen Siegerinnenlied Freakin‘ Out am E-Piano begleitet.

Das komplette Konzert über flimmern verrückteste Effekte und Videosequenzen über den Bühnenhintergrund. Während des Songs Fan von dir läuft beispielsweise eine Dia-Show unzähliger Fotos, auf denen Fans Plakate mit der Aufschrift „Ich bin ein Fan von dir“ in die Kamera halten. Wie es der Zufall so will, steht genau neben mir eine Angehörige, die sogleich eines der Fotos wiedererkennt und sich wahnsinnig über diese schöne und publikumsnahe Geste freut.

Auch der lautstark eingeforderte Zugabenblock hält noch einmal einige Überraschungen bereit: Nach einem Outfitwechsel vom zarten Rosa zum auffälligen Neon-Look schießen LINA und ihre Crew ein riesiges Gruppenfoto mit dem Publikum. Während des vorletzten Songs Ohne dieses Gefühl werden noch einmal die letzten Kräfte zum Springen genutzt, um den Abend völlig ausgepowert mit der Hymne Wir waren hier ausklingen zu lassen.

Zum Abschluss gibt LINA dem Publikum mittels Einspieler noch ein paar motivierende Worte auf den Weg. So sollen die Konzertbesucher*innen sich beispielsweise feiern und bewundern und das Glück hineinlassen, wenn es an ihre Türe klopft. Abgeschlossen wird das Konzert schließlich mit der Kernaussage ihres aktuellen Albums: Lebt wild, bleibt jung und seid gefälligst rebellisch.

Auch wenn ich manche Choreographien vielleicht nicht immer zu 100 Prozent als passend empfand und mir auch noch keine abschließende Meinung zur Ticketpolitik bilden konnte, so kann ich nur bei einem Fazit verbleiben: LINA sieht toll aus, liefert eine hochqualitative und doch menschliche Performance ab und vermittelt ihren Fans dennoch überaus wichtige Werte. In meinen Augen hat sie es absolut nicht verdient, in die Ecke der nicht ernstzunehmenden Kinderstars gesteckt zu werden.
Ich werde mich in Zukunft auch in meinem Umkreis dafür einsetzen, dass dieses Vorurteil verschwindet. Und wer weiß, vielleicht treffe ich ja bald auch auf noch mehr LINA-Fans in meiner Alterskategorie.

Ob ich nach dieser Show vielleicht doch lieber zum Konzert von AnnenMayKantereit gegangen wäre? Auf gar keinen Fall.

Fotos: LINA auf „Um zu rebellieren“-Tour im E-Werk Köln

Wichtiger Hinweis: Sollte ein*e Angehörige*r in dieser Galerie sein/ihr Kind hier abgebildet sehen und das absolut nicht wollen, dann biete ich selbstverständlich an, das entsprechende Foto so schnell wie möglich zu entfernen. Dafür reicht einfach nur eine kurze Mail an christin [at] schallgefluester [punkt] de unter Angabe des entsprechenden Bildes.

Transparenzhinweis: Ich durfte das Konzert kostenlos besuchen. Meine Persönliche Meinung vom Event bleibt davon unberührt.

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