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Da ich mittlerweile fast kein Radio mehr höre, war mir die Existenz des Musikers Nico Santos für lange Zeit nicht bewusst. Auch wenn ich längst Topics Home kannte und zumindest innerhalb meines kleinen WG-Zimmers heiß und innig liebte, machte ich mir nie Gedanken darüber, wem denn diese junge gefühlvolle Stimme eigentlich gehört. Bis ich auf eine meiner liebsten Pressegraben-Kolleg*innen Sarah Kaiser traf, die mit ihrer Konzertfotografie regelmäßig meinen musikalischen Horizont der Populärmusiker*innen erweitert und mir – ohne es vermutlich selbst zu wissen – die Angst davor nimmt, öffentlich zu meinem vielfältigen Musikgeschmack zu stehen.

Und so stieß ich das erste Mal auch bewusst auf Nico Santos und begann, mich für sein Wirken zu interessieren. Ich beschäftigte mich mit seiner Musik und stellte zu meinem Erstaunen fest, dass er Deutscher ist. Ich sah ihn im Rahmen der KiKA-Sendung Dein Song und natürlich auch im Rahmen der aktuellen Staffel Germany’s Next Topmodel. Die Sympathie wuchs von Show zu Show und so wurde mir über längere Zeit klar, dass ich den jungen Mann mit der goldenen Stimme selbst einmal live erleben und fotografieren muss.

Die Chance dazu bot sich schneller als gedacht: Am Samstag, dem 27. April 2019 gastierte er im Rahmen seiner Streets Of Gold-Tour im E-Werk in Köln.

Gegen mein Erwarten ist das Publikum an diesem Abend wirklich bunt gemischt. Von Kaum-über-die-Absperrung-gucken-Könner*innen bis in die älteren Jahrgänge, Fußgänger*innen und Rollstuhlfahrer*innen. Leider kann ich während meiner Beobachtungen nur schwer abschätzen, wie viele von denen nun selbst Fans sind und wie viele vielleicht nur jemanden zum Konzert begleiten. Doch das ist bei einem ausverkauften Abend ohnehin nur zweitrangig.

Gegen 19.30 Uhr geht’s erst einmal los mit Kelvin Jones. Das letzte Mal habe ich ihn vor einigen Jahren als Support Act von Mark Forster gesehen und war damals schon ganz hin und weg von Charisma und Stimme des simbabwisch-britischen Singer-Songwriters. Großes Tamtam hat Kelvin nicht nötig. Selbstbewusst steht er mit Akustikgitarre und E-Piano auf der Bühne und wenn er nicht gerade einen seiner wirklich persönlichen Songs performt, hat er den einen oder anderen lockeren Spruch auf den Lippen. Sollte er mit der Musik allein eines Tages nicht mehr glücklich sein, dann könnte ich mir bei ihm wirklich eine Zweitkarriere als Comedian vorstellen.

Zur Primetime um 20.15 Uhr ist dann auch endlich die Zeit für den Hauptact des Abends: Nico Santos. Unter Beobachtung von sage und schreibe acht Kameras stürmt er nach seiner Band die Bühne. Zunächst noch etwas ruhiger, hüpft er später teilweise wie ein Wiesel umher.
Ich bin fasziniert und irritiert zugleich: Fasziniert, weil er das mit einer solchen Leichtigkeit zu machen scheint, unfassbar viel Spaß auf der Bühne hat und er zu denjenigen Musiker*innen gehört, die auch live mit ihrer Stimme überzeugen können.
Irritiert, weil die Songs so mit Live-Band doch noch einmal einen ganz anderen Flair bekommen und man Nico Santos neben all der Sympathie auch anmerkt, was für ein Bühnenprofi der 25-Jährige ist. Weder schreckt er vor klassischen Boyband-Moves, noch vor wiederholten Aufforderungen zurück, laut mitzusingen oder die Arme zu bewegen. Da ich mich nach meinen drei Songs im Pressegraben ganz nach hinten begeben habe, um hier und da auch mal ein wenig tanzen zu können, habe ich zumindest an diesem Ort das Gefühl, dass diese Aufforderungen nicht an jeder Stelle des Publikums so fruchten. Auf anderen Konzerten habe ich die Mitsingchöre zumindest auch weiter hinten noch deutlicher hören können. Doch wie gesagt – der Schein kann trügen, denn die richtig krassen Fans stehen mit Merch, Zettelchen und Leuchtstäben in den ersten paar Reihen und singen sich wahrscheinlich Song für Song die Seele aus dem Leib.
Mein liebster Part der Show ist neben meinem absoluten Lieblingslied Unforgettable das Medley einiger Songs, an denen er mitgeschrieben hat. Ob SDP, Helene Fischer oder Mark Forster – aus dem Mund von Nico Santos klingt einfach alles top, auch wenn es etwas befremdlich wirken mag, dass er sich kaum traut, Sex ohne Grund von Ali Bumaye und Shindy so richtig zu singen und aufgrund der jüngeren Besucher*innen an vielen Stellen beschämt zu nuscheln anfängt.

Etwas schräg ist auch die Situation nach dem letzten Song Rooftops, als ihm einige Fans noch eine Nachricht mitteilen möchten und er diese nicht so richtig versteht. Aber irgendwo macht ihn das fast schon wieder sympathisch, da es viele Musiker*innen gibt, die mit Sicherheit nicht weiter darauf eingegangen wären. Zum Schluss singt er sogar noch gemeinsam mit dem Publikum ein Geburtstagsständchen für einen frisch 18 gewordenen Fan. Chapeau dafür!

Fotos: Nico Santos & Kelvin Jones auf „Streets Of Gold“-Tour 2019 in Köln

Weiterführende Links zu Nico und Kelvin

Transparenzhinweis: Ich durfte das Konzert kostenlos besuchen. Meine Persönliche Meinung vom Event bleibt davon unberührt.

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