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[dropcap]D[/dropcap]er Nachwuchs hat es schwer. Das war schon immer so. Gerade im Musikbusiness ist es hart, sich als relativ neue Band zu etablieren und Gehör bei der Masse zu finden. Wenn es nach Christin ginge, dann haben „Alter Freund“ diese Chance auf jeden Fall verdient. Um diese Einschätzung zu untermauern, nahm sie sich Zeit, einmal genauer in die Demo-EP „Doch nichts davon wurd wahr…“ hineinzulauschen.

Alter Freund - EP Cover
Name Doch nichts davon wurd wahr… von Alter Freund ¹
Erschienen am 20.06.2014
Musikstil Post-Hardcore
Spieldauer 14:34 min verteilt auf 4 Songs
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Die drei Nordfriesen Nils, Kai und Jan gründeten erst 2013 eine Band mit dem Namen „Alter Freund“. Das ist noch nicht lange her und verschafft der Gruppierung somit eine Art „Welpenbonus“ aufgrund der doch eher geringen gemeinsamen musikalischen Erfahrung. Was sie auf jeden Fall schon einmal gut können: zur hübsch gebastelten Promo-CD lag neben einem Informationsblatt auch ein kleiner Stapel an Stickern bei. Davon sollten sich so manche Bands gern noch eine Scheibe abschneiden.
Das Cover zu „Doch nichts davon wurd wahr…“ ist schlicht in Graustufen gehalten und zeigt den Teil eines Gesichtes. Liebe Band, verzeih mir, doch ich bin tatsächlich froh, dass die abgebildete Person kein Nasenbluten hat. Nun gut, bevor es noch weitere eklige Ausschweifungen gibt, komme ich doch lieber zu den inneren Werten der Demo-EP.
Der Opener trägt den äußerst klangvollen Namen „Das Geheimnis eines Sommers“. Dieser Track geht von Anfang an nach vorn, will viel. Vielleicht aber doch zu viel. Der Song erschlägt. Das Gesamtpaket wirkt etwas hektisch und unsauber. Doch Eines fällt auf – für eine Nachwuchsband eines nicht unglaublich hohen Altersschnitts gibt die Gruppe da schon ziemlich erwachsene Gedanken von sich. Das schindet Eindruck und lässt mich so noch nicht direkt die Flinte ins Korn werfen. „Die alten Bilder, von alten Zeiten träumen, Vergangenes erleben, was ist passiert, was haben wir verpasst, wo sind die ganzen Jahre?“
Der zweite Titel spricht da schon eine deutlich andere musikalische Sprache. „06.00 Uhr“ überzeugt vom Instrumental her sofort. Das Gitarrenpicking geht gut ins Ohr. Bis auf das etwas dumpf klingende Schlagzeug wirkt der Song deutlich besser produziert als der Einstieg. Außerdem ist er lange nicht so von Hektik gezeichnet wie der Opener. Sänger Nils schreit nicht mehr so sehr, als müsse er unbedingt am Tag danach heiser sein. Es wirkt melodiöser, stimmiger, lässt an Bands wie Marathonmann erinnern und kristallisiert sich bereits als kleines Lieblingslied heraus.
In „Nie wieder…“ bestätigt sich das eben erlangte Bild. Weniger Karacho steht den Dreien eindeutig besser. Auch hier fügt sich der Gesang deutlich besser in die Musik ein. Die Assoziationen zu einer gewissen Münchener Band werden unweigerlich stärker. „Komm lass uns wieder geh’n zu diesem einen Ort, wo Sonne wieder scheint und Regen nicht mehr fällt. lass uns wieder leben, lass uns wieder träumen, wo Regen nicht mehr fällt.“
Der vierte und damit auch schon wieder letzte Track trägt den Namen „Brücken“ und hat schon wieder mehr Pfeffer im Hintern. Leider fällt hier besonders das verpfuschte Mixing auf. Die Stimme des Sängers Nils steht zu weit im Vordergrund und lässt den Hörer das große Potential des Instrumentals nur äußerst schwach erahnen. Das ist wirklich schade. Textlich gesehen kommen auch hier wieder ungewöhnlich erwachsene und reflektierte Worte zum Einsatz.

Insgesamt lässt sich sagen, dass „Alter Freund“ definitiv auf dem richtigen Weg sind. Noch ein wenig mehr Übung, viele Liveauftritte und ein paar bessere Aufnahmen und ich könnte mir vorstellen, dass sich die Hörerschaft der Band schlagartig vergrößert. Ich bleibe definitiv an der Band dran und bin gespannt, wo ihre Reise noch hinführen wird.

Anspieltipps: „06:00 Uhr“, „Brücken“

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