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Wir schreiben Freitag, den 31. März 2017. Nach einer gemütlichen Runde mit Prada Meinhoff haben sich diese nun zum Soundcheck begeben. Ben von Milliarden gesellt sich zu uns. Unser bisher spontanstes Interview…

Mit dieser Gelegenheit haben wir nicht gerechnet, als wir uns an diesem Tag auf den Weg ins Zakk Düsseldorf begeben haben. Wir sitzen angenehm von der Sonne durchgebacken im Biergarten. Als Ben von Milliarden zu uns stößt, wird es kälter. Hoffentlich kein schlechtes Zeichen…

Milliarden im YUCA Köln 2015

SIhr seid nun ganz frisch unterwegs mit Prada Meinhoff… Wie ist die Chemie untereinander?

Sehr gut! Wir haben ja gestern den ersten Gig zusammen gespielt und als wir uns gestern vor Rewe auf’m Ku’damm getroffen haben, hat das nicht lange gedauert. Wir haben sofort festgestellt: Okay, wir kennen uns über zwei Ecken und sind uns wahrscheinlich schon mal über den Weg gelaufen. Wir haben auch eine sich überschneidende Historie und kennen dieselben Leute. Da waren wir eigentlich relativ schnell auf’m selben Trichter.

SIhr passt auch super zusammen. Als ich das gehört hab, dass ihr zusammen spielt, dachte ich Arsch auf Eimer.

Ja? Okay, cool! Ja, mir hat das auch gefallen, als ich das gestern das erste Mal live gesehen hab’. Als ich mir vorab schon die Videos angesehen hab’, hat mir das schon gefallen. Irgendwie mochte ich Chrissi auch einfach. Da war irgendwas authentisch für mich, sodass ich es gerne sehen wollte. Und genau deswegen fahren wir mit denen auf Tour…

SWie würdest du Milliarden einer Person vorstellen, die noch nie im Leben etwas von eurem Projekt gehört oder gesehen hat?

Grundsätzlich sind das dann die Kollegen da drüben (zeigt zu den Anderen). Guck mal, du siehst quasi Flori, der gerade die Gitarre hatte, das ist der Leadgitarrist. Der, der jetzt die Gitarre hat, ist Woody. Und Woody macht bei uns gerade Merch und Fotos, aber eigentlich ist er auch der Gitarrist, wenn Flori nicht kann. Und man muss dazu sagen: Die spielen beide tausendmal geiler Gitarre als ich. Das da drüben ist sozusagen der versteckte Schatz der Gruppe, Findan der Schlagzeuger. Ohne den wären wir gar nichts.
Die Gruppe ist bei uns das Wichtigste. Jojo und ich stehen zwar sozusagen im Vordergrund, weil wir uns das zusammen überlegen und die Lieder schreiben. Aber bei so einer Musik, da geht es ja um live spielen. Wir sind ja auch fast immer unterwegs, da ist die Gruppe der essentielle Punkt, warum das Spaß macht und warum das auch nicht Spaß macht. Aber bei uns ist es halt schon ein schönes Familienprojekt.

Milliarden im YUCA Köln, Oktober 2015
Milliarden im YUCA Köln 2015

S„Freiheit ist ‘ne Hure“ – Was schätzt du an deinen persönlichen Freiheiten besonders?

Ich schätze – und das muss ich mir immer wieder von Neuem klar machen – mich selber dafür, dass ich diese Freiheit nehme und sehr naiv dabei bin, Musik zu machen. Also das einfach wirklich zu machen, weil ich davon überzeugt bin. Und das so, dass ich mir selber zu Hause auf der Couch mit meiner Gitarre immer wieder sage: Ja, das ist der Hammer! Das ist ja der Wahnsinn, toll! Und dass ich davon so überzeugt bin, dass ich glaube, ja das möchte ich machen und davon will ich leben. Manche Leute fassen sich an den Kopf, wenn ich ihnen das erzähle, wie ich lebe, was ich mache und dass ich auch jahrelang keine Krankenversicherung hatte und diese ganzen Sachen einfach. Und jetzt geht das langsam einfach so ein bisschen. Je größer die Hallen werden, umso einfach wird das wirklich. Jetzt haben wir fast alle Schulden abbezahlt. Ich glaube, nächstes Jahr können wir, also Jojo und ich auf jeden Fall, uns auf jeden Fall ein bisschen mehr entspannen.

Ihr wart viel unterwegs in letzter Zeit…

Wir waren viel unterwegs. Letztes Jahr haben Jojo und ich auch jeder noch drei Jobs gehabt. Also so Kisten packen, Bühnen aufbauen… alles, was gerade reinfliegt, um einfach Miete zahlen zu können.

Ja das Miete zahlen… kommt mir bekannt vor.

Ja, das kennen ja wahrscheinlich auch viele. Dann halt aber so dabei im Kopf zu haben, dass du ja ‘ne Sache machst, die kann auch jederzeit krachen gehen und das können die Leute ja auch mal nicht gut finden. Und viel Geld verdienen tust’e dabei sowieso jetzt ja auch nicht unbedingt (lacht). Aber ja, es ist meine persönliche Freiheit, dass ich mich so naiv mache, dass ich daran glaube.

Leute greifen sich an den Kopf, bei dem, was du machst… Was sagen denn beispielsweise deine Eltern dazu?

Och, die haben sich damit abgefunden. Also meine Mutter ist schon tot, die hätte das super gefunden. Ich mach’ seit ich 13 bin Musik und mein Vater kennt das. Der hat natürlich am Anfang vom Projekt immer gefragt: „Und wie machst’e das jetzt finanziell?“, „Wie kommst’e da zurecht?“ und „Da muss doch mal was bei rumkommen“. Jetzt ist er ein bisschen entspannter. Jetzt sieht er ja, dass ich mich komplett darauf konzentriere und hat nicht mehr so einen Stress. Der war jetzt auch in Berlin beim Konzert. Das war im Huxleys und das ist sehr groß, da waren 1300 Leute. Danach standen wir dann in der großen Halle und er meinte so ganz süß: „Benni, das war ein richtig professionelles Konzert!“ Aber ganz ernst und ohne Ironie. Und da hab ich gesagt: „Ja entspann dich, du musst keine Angst haben. Ich krieg’ das irgendwie gebacken.“

Milliarden im Zakk Düsseldorf 2017
Milliarden im Zakk Düsseldorf 2017

GIch fand die Entwicklung selbst so krass. Wir haben euch zum Beispiel mal im YUCA in Köln gesehen und dann sieht man plötzlich diese riesigen Hallen. Selbst hier spielt ihr in der Halle und wir dachten nur: Wow, da ist tatsächlich einiges gewachsen.

Total, ich spür das auch selber. Das hat halt immer damit zu tun, dass du viel unterwegs bist. Du sammelst halt die Leute ein, wenn du dich immer anstrengst. Und wenn du nicht Kacke baust, dann kommen die wieder und bringen auch noch jemanden mit. Und so baust’e das halt auf und musst von Stadt zu Stadt. Wir waren jetzt zum Beispiel auf der ersten Tourrutsche das erste Mal in Erfurt und da waren dann auch 120 Leute. Das erste Mal in Erfurt in so einem kleinen Kellerchen und das war ausverkauft und die Leute fanden das aber super. Das musst du aber halt in jeder Stadt machen, in die du neu kommst: Immer ganz kleiner Club, kleiner Club, mittelkleiner Club, mittlerer Club… und so arbeitest du dich die ganze Zeit hoch.

S„Die Angst…“ – Hast du irgendwelche Ängste?

Ja, ich hab die ganze Zeit Ängste und Zweifel, klar.

Nicht die Miete zahlen zu können?

Ehrlich gesagt ist das manchmal meine geringste Angst. Ich hab’ nie viel Kohle gehabt, muss ich dazu sagen, und irgendwo kommt sie her. Also irgendwie besorg’ ich die mir.

Das klingt so zwielichtig.

Also ich klau jetzt kein Geld, darum geht’s nicht. Findan hat mir vorhin auch erzählt, er hat relativ häufig, als er Geldnot hatte – und Musiker haben oft Geldnot – Prostituierte gefahren. Oder die Anderen da drüben, die haben früher auch gern getickt. Man macht halt so tausend Sachen, um irgendwie an Kohle zu kommen. Aber nö, ihr kennt das ja, das kennt ja jeder, wenn man irgendwie nicht gut schlafen kann, weil… Ich denke ganz oft, ich muss auf die Bühne, aber ich weiß gar nicht wie, hab den Text vergessen und so. Halt Versagensängste und so ein Kram. Aber das ist ja was, was wahrscheinlich jeden in seinem persönlichen Umfeld permanent begleitet. Ich hab viele Ängste, aber…

…die müssen ja nicht Überhand nehmen…

Nee, das müssen sie nicht. Und das machen sie bei mir auch nicht.

Milliarden beim Parkfest am Gleisdreieck in Berlin 2015
Milliarden beim Parkfest am Gleisdreieck in Berlin 2015

Mal was ganz Anderes: Wie sieht ein perfekter Tag mit Katy Perry aus?

Weiß ich gar nicht. Ich hab gar kein großes Interesse an ihr, weil die steht für mich für was… Aber wenn ich mit ihr persönlich ‘nen Tag verbringen müsste? Ich war jetzt ja mit Jojo letztes Jahr mal in Malibu, das haben wir uns mal kurz gegönnt. Wir sind halt so, wenn wir dann mal Kohle noch auf der Hand haben, geben wir das auch aus. Jojo und ich waren einfach für 10k für drei Wochen in Malibu. Und dann haben wir aber wieder nach ein paar Monaten Kisten gepackt. Das ist oft so, dass man sich dann so retrospektiv denkt: ,Wie bescheuert bist du eigentlich?’ Aber ich glaube, ich würde gern mit ihr so ein bisschen in Malibu hängen. Es ist total schön da. Und ich war vorher noch nie in Amerika. Es ist wirklich einfach genau das Licht, was man in diesen Werbungen und diesen Filmen sieht. Da herrscht ‘ne unfassbare Temperatur, da wachsen Zitronen, Orangen und Avocados an den Bäumen. Und dann sind da so Schilder, wo drauf steht „Vorsicht Tiger“ und du denkst so: ‘Wie, laufen hier in den Canyons Tiger rum?’ Es ist halt schon irgendwie ‘ne andere Welt. Ich würde gern bei ihr in Malibu da ‘n bisschen den Tag mit ihr in ihrer Villa rumhängen und einfach mal gucken…

Wie kommt man denn auf Malibu?

Wir waren beide noch nicht in Amerika und wir hatten einen Kumpel in L.A., der da Musik macht. Den wollten wir besuchen und da haben wir uns dann über Airbnb in Malibu so’n Ding mit Pool gemietet. Das war auch in derselben Straße, in der Bob Dylan wohnt, da waren wir ein bisschen geistesgestört. Aber es war krass geil, es hat richtig Spaß gemacht. Wir haben uns da auch so ein Auto gemietet und hatten so Sonnenbrillen auf wie der Kollege da oben (zeigt auf einen Security mit großer Sonnenbrille auf der Nase) und sind den ganzen Tag so rumgefahren, haben Quatsch gemacht und hier und da mal ein Lied geschrieben.

Milliarden beim Soundgarden Festival 2016
Milliarden beim Soundgarden Festival 2016

Welche Schlagzeile würdest du gern mal über Milliarden lesen?

Ich würde gerne lesen Milliarden in Südamerika“ oder Milliarden in Russland“.

Einfach, weil international oder…

Weil einfach. Ich liebe es, mit meiner kleinen Family hier rumzufahren. Und andere Leute, andere Kulturen, machen einfach Bock und geben dir was. Dadurch, dass wir halt oft hier nur die ganze Zeit in unserem Dunstkreis rumdüdeln, hätte ich Lust, einfach mit denen mal ein paar Monate im Ausland zu sein. Also da, wo man bei Anderen erstmal grundlegend einen Paradigmenwechsel macht. Darauf hätte ich Lust. Das würde ich gern über Milliarden lesen.

Was willst du der Welt unbedingt einmal mitteilen?

Ich würde der Welt gerne mitteilen, dass ich glaube, dass wir am Ende sind. Und das meine ich aber mit Liebe. Ich glaube, wir sind am Ende. Ich mein’, ich fahr viel Auto, trage viel dazu bei, also hier mit den Bussen und so. Und ich sehe das aber. Dieses Europa sieht furchtbar aus. Ich hab’ so das Gefühl, entweder ändern wir jetzt was grundlegend oder wir sagen uns auch ganz ehrlich, wir treten einfach nochmal 100 Jahre auf’s Gas und dann ist’s vorbei. Und sonst würde ich sagen… „Ich laufe durch den Birkenwald, meine Pillen wirken bald.“

Informationen zum Interview

Das Interview mit Ben von Milliarden fand am 31. März 2017 in Düsseldorf statt.
Interview:
Tini | Transkription: Karolin | Reinschrift: Tini

Dankeschöns

Große Dankeschöns gehen raus an Ben von Milliarden, deren Tourmanagement und Prada Meinhoff. Ohne all diese Akteure wäre dieses spontane Interview nämlich nicht zustande gekommen.

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