[dropcap]B[/dropcap]ist du stolz auf ‚Made in Germany‘? Diese zugegebenermaßen provokante Frage stellen TÜSN in ihrer brandneuen Single Made in Germany, zu der soeben ein eindrucksvolles und irgendwie auch bedrückendes Musikvideo erschien.
Wenn ich das brandneue Musikvideo der Berliner New Wave Band TÜSN so sehe, dann bin ich mir sicher, dass es auf viel Aufmerksamkeit stoßen wird. Und das aus mehreren Gründen:
Zum einen entstand das schaurige Musikvideo in Anlehnung an das legendäre Milgram Experiment, welches erstmals im Jahr 1961 in New York City durchgeführt wurde und einen der größten Abgründe der Menschheit offenlegte. Im Rahmen der Versuchsreihen wurde getestet, inwieweit Menschen dazu bereit sind, ihrem Gegenüber körperliche Schmerzen zuzufügen, wenn sie von einer Autoritätsperson dazu aufgefordert werden. Die Ergebnisse waren erschütternd. Im Clip ist es Frontmann und Sänger Snöt selbst, der sich in einem elektrischen Stuhl foltert.
Zum anderen mag der Song auch grundsätzlich recht provokant klingen:
Bild dir deine Meinung
und bist du stolz auf Made in Germany?
Die musikalische Kritik der Band richtet sich nicht nur gegen die dumpfe Rückbesinnung auf den Nationalstaat und der ganzen Augenwischerei hinter jenem Konstrukt. TÜSN gehen einen ganzen Schritt weiter: Unter bestimmten Voraussetzungen kann jeder Mensch zum Arschloch werden. Snöt erklärt den Song Made in Germany folgendermaßen: „Uns geht es vor allem um die Frage, ob sich jeder Einzelne von uns in einem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Konventionalsystem versteckt, in dem beide Rollen – die des Täters und die des Opfers – im täglichen Handeln unausweichlich sind. Trotz permanenter Hinterfragung und vereinzelter Gewissensbisse regiert eine Mitmachkultur, die selbstverständlich nach gewissen Regeln und Vorschriften funktioniert. Und immer nur mit dem Zeigefinger auf andere zu zeigen, ist wahrlich keine Kunst. Dabei tragen wir doch alle die Verantwortung, weil wir Teil des Ganzen sind. Zwischen Abgasaffäre und Bioladenbesuch, Angstbürgern und linkem Überlegenheitsanspruch schlage ich vor, uns doch alle mal einen 1000 Watt Scheinwerfer zu besorgen und in einem stillen Augenblick unsere dunklen Kellerräume auszuleuchten.“
Mit dem Track geht die Band auf jeden Fall noch einmal ein ganzes Stück weg von Einzelschicksalen hin zu großer Gesellschaftskritik und nimmt sich selbst keinesfalls aus diesem Prozess heraus. Chapeau dafür. Aber nun erstmal Vorhang auf für das lang ersehnte neue Lebenszeichen von TÜSN…
Musikvideo: TÜSN – Made in Germany
Made in Germany ist erster Vorbote des voraussichtlich im Frühjahr 2019 erscheinenden zweiten Albums von TÜSN. Weitere Infos zur Band findet ihr auf der offiziellen Webseite der Band, sowie auf ihrer offiziellen Facebook-Seite und in deren Instagram-Feed.