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[dropcap]W[/dropcap]ie erkennt man eine Veganerin? Sie schlägt sich selbst bei wechselhaftem Wetter beim TOFU POP Festival in Köln den Magen voll und schwärmt knapp eine Woche später noch immer davon. Gestatten, Tini Schallgefluester.
Doch fangen wir ganz von vorn an. 11. Juni 2016, Biergarten des Underground in Köln. Wir fühlen uns für einen Moment erschlagen. Unzählige plaudernde Menschen, Stände mit leckerem Essen, Livemusik auf einer kleinen Bühne. Noch mehr Menschen, noch mehr Essen.

Der Wettergott scheint den Veggies und Interessierten wohlgesinnt zu sein. Die paar Tropfen lassen sich problemlos aushalten. Am besten geht das mit Kuchen. Wir schmeißen unsere studentischen Reichtümer zusammen und gönnen uns den wohl leckersten Schokoladenbrownie der Welt, dazu traumhaften Käsekuchen und eine Marzipanschnecke. Wir kosten uns durch neue und altbewährte Produkte aus der veganen Wunderwelt, schauen dem meiner Ansicht nach besten Vegan-Koch Jérôme Eckmeier kurz über die Schulter und setzen uns in dem Trubel dann doch lieber in die gemütliche Kneipe des Underground.
Dort läuft gerade ein Fußballspiel der EM, irgendwas mit Wales. Wir bemerken, dass uns der Kommentatorenstil besser gefällt als das übliche Gelaber und lauschen dann doch eher zu unserer veganen Currywurst den Soundchecks. Ja, ich interessiere mich tatsächlich nicht für Fußball. Auch zu EM-, WM- oder allen anderen Zeiten.

Das hier ist es wohl, was man das Paradies nennt. Statt gestresst die Essensmöglichkeiten nach veganen Varianten abzuscannen, müssen wir uns eigentlich nur noch zwischen den vielen lecker klingenden Gerichten entscheiden. Unsere Portemonnaies weinen leise.
Doch wir wissen, dass dieser Nachmittag für uns die drei besten Dinge der Welt vereint: Reisen, Essen und Musik mit Sinn und Verstand.

Wir betreten mit einer knappen halben Stunde Verzögerung endlich den Konzertraum. Es fühlt sich ein wenig seltsam an, im Underground zu stehen, nach draußen zu schauen und dabei die Leute im stets gut gefüllten Biergarten beobachten zu können. Dabei fällt uns unter anderem ein ganz besonderer Gast ins Auge: Thomas D. 

Es dauert nicht lange und der Raum wird von den ersten Klängen erfüllt. Band Nummer eins trägt den Namen Die Sonne. Die Kölner bezeichnen sich selbst als intuitive Rockband. Sie klingen halt irgendwie nach Indie, lässig, locker, gemütlich. Was mir im Gedächtnis bleibt, ist ein humoristischer Song über diverse Städte in Nordrhein-Westfalen. Hätte ich in anderem Kontext wahrscheinlich doof gefunden, beschert mir an diesem Abend dann aber den einen oder anderen Schmunzler.

Band Nummer zwei nennt sich Planetarium. Die Kölner Band bringt bereits durch ihre Glitzer-Funkel-Outfits den ganzen Raum zum Strahlen. Outfits und Sounds haben aber auch etwas Mytisches. Weiterhin lässt sich die Musik als recht atmosphärisch und elektronisch beschreiben. Definitiv nicht das, was ich sonst bevorzugt höre, aber irgendwie interessant.

Streich Nummer drei lässt nicht allzu lange auf sich warten. Von Brücken heißt die Band, welche an diesem Abend zu 100% anwesend ist, aber irgendwie doch nur zur Hälfte. Klingt komisch, ist aber so. Den Namen „Von Brücken“ trägt an sich das Duo um Ex-Jupiter Jones-Seele Nicholas Müller und das damalige insgeheime fünfte JJ-Mitglied Tobias Schmitz – live werden sie jedoch zumeist von einer sechsköpfigen Band begleitet. Nur dieses Mal halt nicht. Während Gitarrist Carsten Thonack sich überwiegend um die Organisation und den reibungslosen Ablauf der Veranstaltung kümmert und erst zum Ende hinzustößt, unterstützt Gitarrist Ulrich Rode das Duo über den gesamten Gig hinweg.
Ganz besonders sticht mir jedoch eine andere Person ins Auge. „Wenn sie gleich das Streichinstrument da in die Hand nimmt… ist das ein Cello… dann kenn ich sie!“ – Tini Schallgefluester und ihr Musikwissen: check! Woher mir die begnadete Multiinstrumentalistin Anne de Wolff aber nun konkret bekannt vorkommt – ich weiß es nicht. Irgendwer zwischen Revolverheld, Johannes Oerding, La Confianza, Bosse, Tim Bendzko oder Spaceman Spiff muss es gewesen sein, neben dem ich sie vor einiger Zeit in einem Video auf YouTube gesehen habe.
Während meines absoluten Gänsehaut-Lieblingssongs „Dann sammle ich Steine“ fällt mir etwas wie Schuppen von den Augen, was vermutlich jedem Fan guter deutschsprachiger Musik längst aufgefallen war. Denn was steht da tatsächlich auf dem Arm eines Nicholas Müller? „Live your heart and never follow“. Ein Schelm, wer dabei an den Song „Schnee“ eines gewissen Musikprojektes denkt, dessen Frontmann ich kurz vor Auflösung noch für Euch interviewt habe.
Gespielt wird ein großes Repertoire an starken Songs wie „Blendgranaten“, „Lady Angst“, „Elephanten“ und „Der Tanz“. Die eher schlicht gehaltene musikalische Untermalung ermöglicht eine Verinnerlichung jedes einzelnen Liedes. Und dabei fühlt sich alles so unglaublich künstlerisch an. Gänsehaut von der ersten bis zur letzten Note!
Nach einer eher zaghaften gemeinsamen Rhythmus- und Gesangseinlage bleibe ich mit einem eigenartigen Gefühl zurück. Brainfuck. Diese Performance von Von Brücken hat mehr in mir bewegt als ich erwartet hatte.

Was nach diesem Nachmittag bleibt, ist ein unglaublich gutes Gefühl. Wer eher auf kleinere unscheinbare Festivals mit leckerem Essen und guter Musik mit Message steht, der sollte sich das TOFU POP Festival auf jeden Fall für’s nächste Mal vormerken.

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