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[dropcap]T[/dropcap]ag zwei des Bochum Total Festivals steht in Sachen An- und Abreise auch wieder unter keinem guten Stern. Wir sind nervlich und körperlich am Ende. Doch dafür beeindrucken uns Susanne Blech und La Confianza umso mehr und machen die Strapazen irgendwie wieder wett.

Zum Glück haben wir heute nur einen recht späten Termin auf unserem Plan. Erst nach 21 Uhr möchte ich unbedingt La Confianza sehen. Die Band ist mir irgendwann mal zufällig im Internet aufgefallen. Doch bis dahin schlagen wir uns die Zeit noch mit Bahnrundreisen tot und erkunden nach Ankunft in Bochum sämtliche Seitenstraßen.
In einer bleiben wir schließlich spontan sitzen, nehmen uns das Programm zur Hand und stellen fest, dass da jemand beim Erstellen des sonst gut umgesetzten Ablaufplans geschlampt hat. Nach dem spielen nämlich täglich die selben Bands im Riff. Das wäre schön, ist aber leider falsch.

Intuitiv fasse ich den Entschluss, Susanne Blech nach eher schief gelaufenen Online-Hörproben vor knapp einem Jahr nun doch eine Chance zu geben. Mit kleiner Verspätung entern sie die 1LIVE Bühne und flashen uns vom ersten Moment an völlig. Keine Ahnung, was da beim Probehören danebengegangen war. Das, was da on Stage jedenfalls abgeht, ist einfach nur genial. Wenn man ihre Musik beschreiben müsste, wäre es wohl etwas zwischen Deichkind und Frittenbude. Nur halt eigen, mit leuchtender Basedrum, Masken, wildem Herumgespringe auf der Bühne und einem Typen mit einer Wasser-Armbrust. Einfach stark! Im Publikum fliegen währenddessen Holi-Farben durch die Luft. Mit Worten ist diese Party nicht mehr zu beschreiben. Was Susanne Blech da mit ihrem Publikum veranstalten, ist tatsächlich großes Kino. Und auch die Security zeigt sich wachsam, verbannt Glasflaschen aus dem Publikum, zieht Crowdsurfer heraus und achtet zumindest im ihr möglichen Umkreis auf das bunte Treiben. Chapeau!

Leider müssen wir uns recht schnell wieder von dieser verrückten Szenerie losreißen. Wir suchen das Riff und werden knapp abseits des üblichen Veranstaltungstrubels fündig. Auch hier stoßen wir zu unserer Überraschung wieder auf überaus kompetente und nette Securitykräfte, schrammen an einem finanziellen Ruin durch Verlust der Verzehrkarte nur äußerst knapp vorbei, bekommen die letzten Minuten vom zeitlich wohl etwas verschobenen Gig der genreüberschreitenden Gastone mit und warten quasi nur noch auf den clubinternen Aufguss.

Doch die Vier von La Confianza bringen uns genau das Gegenteil. Es wird noch heißer als es in diesem Backofen eh schon war. Aber geheult wird nicht. Viel zu genial ist die Musik dieser Band – Deutscher Crossover mit Sinn und Verstand, größtenteils hart und moshwürdig, in Form eines energetischen Auftritts, wie wir ihn lange nicht mehr gesehen haben. „Kopfkino“ etwa macht einen Anschein von Double-Time und ist trotzdem instrumental gesehen recht hart. Das HipHop-lastige „Melodie“ wiederum eignet sich für Frontmann Manifou besonders zu regem Augenkontakt mit dem dankbaren Publikum, welches teilweise sogar weiß, wie man fachgerecht bounct.
Auch wirft der Herr des Mics mit Papiergeld um sich. Hoffentlich geht er mit seinem echten Geld nicht genau so um! Falls doch – man, dem geht’s ja gut!
Zum Glück befindet sich der Merchandising-Stand außerhalb des Clubs und so empfinden wir zum ersten Mal an diesem Tag die Luft dort als angenehm.

Nach einem kurzen Gespräch mit Manifou und dem Stage Manager der Bühne schlagen wir uns zum Bochumer Hauptbahnhof durch. Die Erfahrung zeigt: Seitenstraßen zahlen sich aus! Was dann allerdings folgt, kann nur aus einer Art Horrorfilm stammen. Nun gut, wir wissen ja, dass bei der Bahn momentan schief läuft, doch muss es gleich so ein Tohuwabohu sein? Da werden Bahnen per App und Anzeigen am Bahnsteig angezeigt, die laut Dauerschleifen-Lautsprecheransage angeblich ausfallen, laut großer Anzeigetafel im Foyer verlegt wurden und letztlich doch – wenn auch mit reichlich Verspätung – an einem anderen Gleis einfahren. Dass auch die darauffolgende Bahn von einem anderen Gleis fahren soll, erfährt man natürlich erst, nachdem einem ein junges Mädchen ihr gesamtes Innenleben fachgerecht vor die Füße gekotzt hat und ihre Freundin bis dahin dreimal vergessen hat, dass sie sie zu einem Taxi schleifen wollte.
Doch irgendwann fährt eine verspätete Bahn ein, welche aufgrund eines Einsatzes auf den Schienen eine Umleitungsstrecke durch das dunkle Nirgendwo fährt. Genau da, wo vor wenigen Minuten Leute auf die Gleise sprangen oder gemütlich ihre Beine hinunterbaumeln ließen.

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