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[dropcap]N[/dropcap]ach kleiner Zwangspause ging es Anfang August in die sage und schreibe 15. Runde des Soundgarden Festival in Bad Nauheim. Wir waren beim zweitägigen Festival des Stadtjugendrings Friedberg und des Jugendbeirats Bad Nauheim dabei.

Soundgarden Festival 2016 L'aupaire

Bevor ich ein wenig von meinen Erlebnissen auf dem Soundgarden Festival berichte, sehe ich mich dazu gezwungen, einen kleinen Disclaimer zu veröffentlichen: Ich distanziere mich hiermit ausdrücklich von den Unterstellungen, die Veranstalter hätten Vorschriften in Sachen Berichterstattung gegeben. Wenn eine Band hier nur kurz zur Sprache kommt oder ich eher negativ gefärbt berichte, dann beruht diese Schilderung auf meiner ganz persönlichen subjektiven Wahrnehmung. Und die lasse ich mir als essentiellen Teil der Berichterstattung dann auch nicht verbieten. Cheers!

Nachdem ich meine ersten Orientierungsschwierigkeiten am Bahnhof in Bad Nauheim endlich überwunden habe, komme ich etwas später als geplant auf dem Gelände des Soundgarden Festival an. Das ist auch der Grund, wieso ich von der ersten Band mit dem Namen Shortless noch nicht so viel mitbekomme. Ich knipse lediglich ein paar Fotos aus dem Publikumsbereich, ehe ich zum ersten Mal den Backstagebereich an den Bühnen erkunde. Dort lerne ich direkt Nicole von Music-Event-Reports kennen – die vermutlich beste Pressegraben-Gesellschaft der Welt!

Verspätung auf der einen Seite, Vorfreude auf der anderen Seite – ich platziere mich gespannt an der ovag-Stage, um den Start des Auftritts der britischen Hardcore-Punk-Band Polar bloß nicht zu verpassen. Zu schade, dass noch nicht allzu viel los ist, denn die Band legt eine starke Performance hin. Mir wird augenblicklich klar, wieso ich Polar vorab schon als mein musikalisches Highlight des Tages betitelt habe.

Auf der Center Stage geht es schließlich mit Tom Thaler & Basil weiter, Karos Geheimtipp an mich. Ich muss zugeben, dass es mir „Forrest Gump“ echt angetan hat. Und überhaupt passen die lässigen Beats und Texte großartig zum recht guten Wetter.

Ich entscheide mich dennoch dazu, während dieser leichteren Klänge auch mal eine Runde über das Gelände zu drehen. Wir entdecken den großen Merchandising-Stand, ein Tabak-Unternehmen, die großartigen Menschen von Viva Con Agua, ein wenig Handwerk und weitere Kleidung, Dixi- und sogar Wassertoiletten, leckeres und zum Teil auch veganes Essen und mehrere Slacklines. Darüber hinaus bietet das Festivalgelände im Goldsteinpark ausreichend Möglichkeiten, um auch im Sitzen noch einen recht guten Blick auf die beiden Bühnen zu erhaschen. Alles in Einem ein großartiger Standort für ein Festival wie dieses.

Auf der ovag-Stage wird es mittlerweile kurios. DAS ACTIONTEAM macht seinem Namen alle Ehre. Ob Rennanzug oder Fitnessoutfit, die Band weiß nicht nur optisch auf sich aufmerksam zu machen. Zwischen Gitarrenrock und allerlei Trash-Faktor ziehe ich mich lieber ein wenig zurück.

Noch irgendwie verstört von das Actionteam, bleibt meine Irritation bestehen. Eine wundervolle Freundin hatte sich im Vorfeld über die zu frühe Auftrittszeit der Post-Punker von Love A beschwert und ihren Festivalbesuch aufgrund dessen abgesagt. Um sie dennoch bei Laune zu halten, möchte ich ihr den Slot der Band nun also zumindest via Handy-Liveübertragung nach Hause bringen. Blöd nur, dass die Fakten gegen den vorliegenden Zeitplan sprechen und da irgendwer anders auf der Center Stage steht – nur eben ganz sicher nicht Love A.
Ich brauche einige Minuten, um die Sachlage zu verstehen. elfmorgen haben völlig überraschend den Slot übernommen. Ich bin so heftig verwirrt, dass ich lediglich ein paar Fotos schieße, Crowdsurfer und die ziemlich coole Schubkarren-Wall-of-Death beobachte und ansonsten aber eher verwundert neben der Bühne sitze und grüble. Was ist passiert und wo sind Love A?

Mir fällt ein Stein vom Herzen, als ich bemerke, was sich währenddessen auf der ovag-Stage abspielt. Hier bereiten sich jetzt auch Love A auf ihren Auftritt vor. Frontmann Jörkk hat den Zug verpasst. Ich weiß, dass meine Freundin hätte unter diesen Umständen doch dabei sein können und möchte sie instinktiv trösten. Ich fotografiere also so viel, dass es mir schon echt unangenehm wird, lasse die Daheimgebliebene einen großen Teil des Konzerts der Post-Punker mithören und kümmere mich um drei kleinere Goodies von der Band höchstpersönlich. Aufgrund der so gemachten Erfahrungen bleibt für mich eine erstaunliche Erkenntnis: So sehr ich unglaublich viel Respekt und Ehrfurcht vor der Erscheinung des Frontsängers Jörkk Mechenbier habe, sind Love A ja doch unfassbar sympathisch. Das fällt mir besonders an jenem Punkt auf, an dem die Band langsam zum Ende des Konzerts kommen soll: „Dann trag‘ uns doch von der Bühne!“ Und auch musikalisch wissen Love A an diesem Nachmittag zu überzeugen. Starke Präsenz, starke Texte, starke Musik. Auch ihnen hätte ich wesentlich mehr Publikum gewünscht. Doch ja, ich geb’s zu – Liebe Sophie, auf deinen Geschmack kann man sich einfach verlassen!

Endlich wieder halbwegs klar im Kopf, lässt die nächste Skurrilität nicht lange auf sich warten. Ich bin mir nicht so sicher, was ich von der Kapelle Petra halten soll und entscheide mich dazu, das auch gar nicht großartig herausfinden zu wollen. Was sich als nur allzu harmloser Indie-Rock tarnt, irritiert mich in Sachen Bühnenshow deutlich. Aaaalles Verrückte hier! Aber schaut es Euch einfach selbst in der untenstehenden Galerie an…

Während eines weiteren Streifzugs hinter die ovag-Stage begegne ich einem Typen mit Kopfhörern. Er singt da irgendetwas vor sich hin und ich beginne zu grinsen. Er erwidert dies mit einem Lächeln, erklärt sich kurz und ich beziehe erneut Stellung im Pressegraben. Eine äußerst sympathische Situation. Doch wer ist dieser Kerl?
Des Rätsels Lösung liegt so nahe und zeigt sich schlussendlich nur wenige Augenblicke später. Swiss & Die Andern überzeugen mich völlig überraschend mit ihrer energetischen Show. Wenn ich das alles in ein paar Worten zusammenfassen sollte, dann wären es wohl Pogo, nackter Hintern, Rauchbomben und viel Spaß. Chapeau! Für meinen Geschmack auch tausendmal besser als etwa die Antilopen Gang.

Ich gestehe, dass ich der nächsten Band auf der Center Stage mit einigen Vorurteilen begegne. SCHMUTZKI zählen für mich zu den Klischee-Saufbands, mit denen ich persönlich nicht allzu viel anfangen kann. Doch das ist okay so, denn nicht jedem kann alles gefallen. Meine zurechtgelegte Schublade bestätigen sie, aber immerhin machen sie ganz nett Stimmung. Trotzdem zieht sich der Gig für mich als stille Beobachterin kaugummiartig in die Länge. Sorry!

Zurück zur ovag-Stage. Mit L’aupaire kommt ein wenig Ruhe ins Festival. Man mag es dank des eher internationalen Sounds kaum glauben, aber Singer-Songwriter Robert Laupert kommt eigentlich aus Gießen. Damit ist das Soundgarden Festival so etwas wie ein Heimspiel für ihn. Jetzt ist die Zeit gekommen, um gemütlich hin und her zu wippen. Es gibt ein vorträgliches Geburtstagsständchen, eine musikalische Entschuldigung für das eventuell nun drohende Unglück in Form des Songs „Flowers“. Einfach hübsch!

Doch das soll es nicht gewesen sein. Die letzte Band des Tages macht sich bereit. Der große „Refugees Welcome“-Banner an der Center Stage wird gelüftet und die Skatepunker von ZSK stürmen die Bühne und kitzeln noch einmal die letzten Kräfte aus den Festivalbesuchern – sofern sie denn wollen. Mir gefällt die Energie der Band. Würde ich hier um die Ecke wohnen, wäre das nun der perfekte Zeitpunkt, alle Sorgen fallen zu lassen und einfach nur noch zur Musik abzugehen.

Es kommt aber anders. Ich Spielverderberin resigniere. Für heute habe ich genug Trubel erlebt. Vor mir liegen noch ein mehr als zwei Stunden langer Heimweg und ein weiterer Tag auf dem Soundgarden Festival.

Unter dem Strich kann ich zum Freitag auf dem Soundgarden Festival 2016 nur sagen: Krass, ich hätte nicht erwartet, dass ich bei einem auf den ersten Blick eher schwachen Freitags-Lineup scho so viel Spaß haben könnte. Daumen hoch für das Gelände, allgemeine Organisation und die Lichtshows des ersten Tages. Nur schade, dass nicht mehr Festivalgänger den Weg nach Bad Nauheim gefunden haben, ich hätte es den Veranstaltern und Bands auf jeden Fall gegönnt.

Galerie: Der Freitag beim Soundgarden Festival 2016

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Fazit: Tag 1 beim Soundgarden Festival 2016

Location: sehr gut
Organisation:
gut
Security: sehr gut
Programm: gut
Highlights des Tages: Polar, Love A, Swiss & Die Andern

Zu Hause weiter feiern?