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Freitag, der 27. Januar 2017. Ich sitze mit der Band Blassfuchs in einem Meer aus Kitsch unweit des Barbarossaplatzes in Köln. Im Hintergrund laufen vietnamesische YouTube-Videos. Der Einlass in den Club steht kurz bevor. Wir vertreiben uns die Wartezeit aufs Essen mit einem kleinen Interview.

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Zweiter Termin der Tour mit I Heart Sharks, wie läuft’s bisher? Wie ist die Chemie zwischen Füchsen und Hailiebhabern?

Dennis: Es ist ja so, dass wir mit dem Simon, dem Gitarristen der Sharks, seit knapp einem Jahr unsere zweite Platte machen und da war es schon ein sehr, sehr netter und auch vertrauter Zusammenschluss.

Nikolai: Eigentlich ist er mein Bruder! Die äußeren und inneren Werte bei Simon und mir sind unfassbar identisch. Das ist kein Scherz. Das haben nicht nur wir festgestellt, sondern auch die I Heart Sharks.

Dennis: Wir haben jetzt auch die Anderen kennengelernt und das sind super super nette Menschen. Wir sind mega mega happy, dabei zu sein. Das Publikum in Münster war ein schöner Einstieg. Schauen wir mal, was heute Abend passiert, ne?

Ihr habt eure zweite EP ja per Crowdfunding finanziert und – wie bereits erwähnt – mit Hilfe von Simon von I Heart Sharks aufgenommen. Wie steht’s um die EP? Könnt ihr schon irgendwas verraten?

Dennis: Wir wollen jetzt noch ein bisschen daran arbeiten und werden bald nochmal eine Session starten. Musikalisch soll es eine Weiterentwicklung sein. Ob es dann auch wirklich so ist, müssen andere Leute entscheiden. Wir sind aber auf jeden Fall sehr sehr zufrieden und fühlen uns auf dem Weg, den wir jetzt gerade einschlagen auch ziemlich wohl.

Das, was ich schon so hören durfte, zeigt auf jeden Fall eine deutliche Entwicklung.

Dennis: Dankeschön!

Nikolai: Eine negative?
(Gelächter)

Ne, tatsächlich nicht.

Nikolai: Von „scheiße“ zu einigermaßen „ok“! Oder „passabel“?

„Der Blassfuchs ist eine Art der Echten Füchse. Er ist in Afrika in den Halbwüstengebieten südlich der Sahara verbreitet. Die nachtaktiven Tiere verbringen den Tag in selbst gegrabenen Erdhöhlen […].“ Inwieweit würdet ihr euch mit den Blassfüchsen identifizieren?

Dennis: Null!

Nikolai: Auf jeden Fall!

[Zwischenruf: Wir gehen nur bei Nacht raus.]
Nikolai: Ne, ich bleibe eigentlich auch nur in meiner Höhle und komme für die Auftritte raus. Sonst habe ich mich der Gesellschaft komplett entbunden.

Was habt ihr denn dann mit Blassfüchsen am Hut?

Dennis: Ich glaube, der Name ist durch so eine blöde Schnapsidee entstanden. Ganz klassisch. Wir wollten irgendwas mit einem Tier haben und irgendwas, was im Kopf bleibt. Wir hatten auch zwei, drei andere Ideen…

[Zwischenruf: I Heart Sharks gab‘s schon!]
(Gelächter)
[Zwischenruf: Hobel wollten wir uns erst nennen.]

Dennis: Genau. Dann sind wir irgendwann auf dieses Fuchsthema gekommen und das ist es eigentlich auch schon.

Nikolai: Wisst ihr das noch, als wir in Hamburg gespielt haben und da kam irgendso ein Typ nach der Show rein? Der war völlig wutentbrannt, was wir uns denn mit dem Namen erlauben würden. Er hat das halt mit Wüstenfuchs verwechselt – mit der Assoziation zu Erwin Rommel. Da haben wir uns alle kurz ein bisschen eingeschissen, dass so ein toller Name plötzlich eine Nazi-Vergangenheit hat. Aber zum Glück nicht!

Wir haben davon gelesen, wie rebellisch eure Musik wäre. Ist das euer Ziel, die Rebellen raushängen zu lassen?

Dennis: Ich weiß gerade gar nicht genau, wer das geschrieben hat und warum auch.

Nikolai: Lügenpresse!
(Gelächter)

Dennis: Wir schreiben ja größtenteils einfach über uns, aber Rebellen sind wir eher weniger. Eigentlich sind wir ganz normale Typen, die zur Uni gehen.

Vielleicht ist das ja gerade die Rebellion!

Dennis: Ja, vielleicht.
[Zwischenruf: Intelligenz als Gegenpol!]
(Gelächter)

Findet ihr, dass so was Rebellisches in der Musik nötig wäre?

Dennis: Weiß ich nicht. Jeder soll das machen, worauf er Bock hat. Wenn es dann irgendwelche Gruppen gibt, die so eine Anti-Haltung haben oder keine Ahnung was, ist das auch vollkommen in Ordnung.

Nikolai: Anti wird ja immer so ein bisschen mit Hass assoziiert. Leider. Ich finde man sollte denen, die eher so eine Anti-Haltung haben, mehr Liebe schenken.

Dennis: Ja, genau! Gerade die neuen Songs bewegen sich textlich genau in dem Feld, was man so als 25-jähriger Kerl oder Jüngerer oder Älterer durchlebt. Eine sogenannte Quarterlife Crisis. Aber rebellisch sind wir eher nicht.

Dorfbands im Anmarsch… Ihr bezeichnet eure Musik oft als „schlechtere Dorfmusik“ – gibt es nicht schönere Sachen, als sich mit dem Dorf zu identifizieren?

Dennis: Aber ist ja so.

Nikolai: Keiner von uns ist in so einem Melting Pot wie Berlin oder so aufgewachsen.

Dennis: Auch, wenn wir jemals unsere Wurzeln verlagern sollten, noch nicht mal wegen der Musik, sondern, weil wir dazu gezwungen sind wegen des Studiums, Jobs oder sonst irgendwas und dann in Berlin oder Hamburg oder so wohnen würden. Wir sind dann immer noch die Band aus Brockhausen, denn da kommen wir halt her. Ich kann mich ja mit nichts identifizieren, was wir nicht sind und wo wir nicht herkommen. Wir könnten dann sagen „Okay, wir sind jetzt die neuen Zugezogenen“. Das wäre dann das neue Ding.

Nikolai: Also ich bin tatsächlich sehr sehr froh, dass ich so aufgewachsen bin und dass ich da alles miterleben durfte wie Schützenfest und so weiter, weil ich daraus gemerkt hab, was ich halt nicht will. Deswegen muss ich ja auch irgendwie dankbar sein. Aber letztendlich bin ich so ein Mensch, der sagt, ich möchte immer das, was ich erzähle, auch schon mal irgendwie selbst erlebt haben. Ich möchte über irgendetwas reden, was ich kenne. Ich kann mich ja nicht irgendwie über Leute, die da in Uniform marschieren aufregen, wenn ich das nicht mit eigenen Augen gesehen habe.

Es gibt ja so Bands, die auf Teufel komm raus erfolgreich sein wollen. Seht ihr die Musik für euch nur als Hobby oder wärt ihr auch dazu bereit dafür alles andere an den Nagel zu hängen?

Julian: Ich persönlich würde sagen, wenn es die Chance jetzt geben würde, dass es mal mehr wird oder dass ich Partner finde, die darauf Bock haben und so weiter, dann wird das auf jeden Fall zum Fokus. Nur um irgendwie berühmt zu werden, macht das keiner von uns, glaub ich. Wir tun das, weil es uns Spaß macht und weil wir etwas sagen oder aussagen wollen, was wir vielleicht auch auf der zweiten EP deutlicher machen als auf der ersten.

Dennis: Wir machen uns keinen Stress. Wenn wir merken, dass die zweite EP gut ankommt, dann kann der Weg auch gerne weitergehen. Aber wir können auch genau da bleiben, wo wir jetzt gerade sind. Das wäre auch vollkommen in Ordnung. Wie Julian auch gerade meinte, es geht gar nicht auf Teufel komm raus darum, dass wir bei irgendeinem dicken Majorlabel landen oder so. Viel viel schöner ist doch für uns, dass wir diesen gewissen Wert dann einfach haben und Erfahrungen sammeln konnten. Zusammen. Und dass wir immer und immer wieder schöne Tage zusammen haben, uns auch auf die Nerven gehen, aber uns auch wieder liebhaben. Das ist schon eine Familie. Das ist genau das, was mir persönlich – und ich denke den Anderen auch – einfach am wichtigsten ist.

Käme denn ein Major mal in Frage oder denkt ihr, die sind eh scheiße?

Dennis: Ach! Warum sind Majors scheiße?!

Nikolai: Ich glaube, jeder der ein Major-Angebot kriegt, würde sich die Finger danach lecken.

Dennis: Oder sich das zumindest einmal anhören. Wir schließen kategorisch sowieso gar nichts aus, weil ich denke, dass hemmt einen auch irgendwie. Und wenn man einfach für alles offen ist, kann man immer noch abwägen. Aber unbedingt Major und so Zeugs brauchen wir nicht, ist einfach nicht unsere Devise. Wir können auch ein Leben lang ohne Label bleiben und sind wahrscheinlich trotzdem recht glücklich.

Nikolai: Wie oft sind Bands mit ihren Ansprüchen schon daran zerbrochen unbedingt Major gehen zu wollen…

Oder an dem Anspruch, auf keinen Fall zu einem Major zu wollen…

Nikolai: Oder das.

Und jetzt kommen wir zum kleinen Fun-Part des Interviews. Welche Schlagzeile würdet ihr gern mal über euch lesen?

[Zwischenruf: Blassfuchs vom Aussterben bedroht!]
(Gelächter)

[Zwischenruf: Blassfuchs einfach verschwunden! Es sind alle irgendwo hängen geblieben und niemand weiß wo.]

[Zwischenruf: Janis aus Versehen beim Soundcheck vergessen.]

Dennis: Blassfuchs im Ikea Småland vergessen!

Nikolai: Oder wir nehmen an irgendeinem internationalen Mikado-Turnier teil.

Dennis: Blassfuchs gewinnt internationales Mikado-Turnier!
[Zwischenruf: Die neuen Stars am Mikado-Himmel.]
[Zwischenruf: Blassfuchs – Neuer Scrabble-Weltmeister!]

Morgen ist Weltuntergang. Was würdet ihr heute noch machen?

[Zwischenruf: So oft masturbieren, wie geht. Saufen!]
(Gelächter)

Dennis: Ich würde sagen, da heute auch viele viele Menschen, die wir lieb haben, zum Konzert kommen – gute Freunde sind da, meine Freundin ist da… Ich würde einfach das Konzert spielen, mit den Leuten Zeit verbringen, voll einen reinziehen und auf die „Trap or die“-Party gehen. Dementsprechend könnte ich dann getrost volltrunken einschlafen.

Nikolai: Ich finde, wir sollten nicht das Konzert, sondern einfach eine Stunde lang „We are the world“ in Dauerschleife spielen. Und damit retten wir uns alle. Dann geht die Welt nämlich nicht unter.

Und zum Schluss: was habt ihr der Welt da draußen noch zu sagen?

Nikolai: Benutzt immer ein Kondom.

Dennis: Theoretisch habe ich der Welt gar nichts zu sagen, weil sie eh nicht auf mich hören würde.
[Zwischenruf: Es ist gar nicht alles so schlecht wie es immer gemacht wird.]

Dennis: Ach, es sollen sich einfach alle liebhaben.
(allgemeine Zustimmung)

Julian: Make love, not war.

Informationen zum Interview

Das Interview mit Blassfuchs fand am 27. Januar 2017 in Köln statt.
Interview: Tini | Transkription: Karolin/Tini | Reinschrift: Tini

Dankeschöns

Ein großes Dankeschön geht raus an Blassfuchs.

Credits Beitragsbild: Sabrina Klante

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