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[dropcap]S[/dropcap]amstagabends gibt es wohl definitiv entspanntere Unternehmungen, als durch die Innenstadt Kölns zu fahren. Aber wenn Liedfett sich für diesen Abend im Rahmen ihrer „laufenlassen“-Tour zum gleichnamigen neuen Album ankündigen, gibt es für Fans eben kein Halten mehr. Nun ja – zumindest für jene, welche sich rechtzeitig um Karten bemüht haben. Denn einige Tage vor dem Tourstopp in NRW war der Gig im MTC in der bel(i)ebten Zülpicher Straße tatsächlich ausverkauft.

Pünktlich gegen 20 Uhr blockieren wir mit einigen weiteren Leuten ziemlich ungelenk den Gehweg direkt vor dem Club bis es schließlich dann Stück für Stück reingeht. Unser Glück: Während sich im Kellerclub die nächste Schlange um die Garderobenabgabe windet, nehmen wir unsere Jacken mit vor und ergattern so sogar noch einen Platz in der ersten Reihe.
Es dauert gar nicht so lang und schon tapst ein ziemlich kleiner Mann in Begleitung seiner Akustikgitarre auf die Bühne. Der gehört aber nicht zur Liedfett Crew? Nein. Das ist der Voract – Der flotte Totte. Direkt zu Beginn befragt der Liedermacher seine Zuhörer, ob er ihnen sympathisch ist und ob sie Lust auf Ironie haben. Gerade die Frage nach der Ironie ist berechtigt, denn an manchen Stellen seiner Songs fragen wir uns dann doch: Meint er das jetzt wirklich ernst?
Aber irgendwie hat man zwischen Songs über Märchen und Zwerge und scheinbar altbekannten Dorf-Sauflieder doch seinen Spaß. Im Publikum befinden sich erstaunlich viele Totte-Fans, die jeden Song eisern mitgrölen und jeden Quatsch, den er vormacht, eifrig und völlig selbstverständlich mitmachen.
Für eine kurze Zeit wird es sogar romantisch. Also fast. Naja… es werden Feuerzeuge und Handys in die Luft gehalten. Aber davon könnt Ihr Euch in einem kleinen Ausschnitt selbst überzeugen.

Um dem Klischee des ungewollten Voracts zuvor zu kommen, lässt sich Totte beim Abgang von der Bühne vom Feinsten ausbuhen. Bis er sich schließlich für ein paar Zugaben doch nochmal die Ehre gibt. Tini meint später zu mir, dass sie froh um dieses Ausbuhen war, da er dadurch den ihrer Meinung nach vorhandenen Fremdschämfaktor deutlich relativiert hat.

Nach einer erstaunlich kleinen Pause entern die drei Hamburger von Liedfett die Bühne und bringen direkt ein neues Bandmitglied mit: Den neuen Bassisten Victor Flowers. Alle in schicker Gangmontur mit „Schmierlappenkommando“-Patch auf dem Rücken der Jeanswesten.
Und schon während des ersten Songs „montagmorgen“, der auch Opener des neuen Albums „laufenlassen“ ist, wird klar, dass das Konzert viel mit Kuscheln zu tun haben wird. Brutalem Kuscheln. Denn kaum hat der Song begonnen, fallen einzelne Menschen aus der ersten Reihe wie Dominosteine auf die Bühne.
Tini verkrümelt sich aus Sorge um Kamera und Gesundheit (am dritten Konzertabend in Folge geht das schon klar) nach dem Lied direkt nach hinten. Ein echter Kraftakt in einem so vollen Club!
Ich bleibe, ganz zu meiner eigenen Überraschung, weiter in der ersten Reihe und nehme „ein paar“ Schubser auf die Bühne und gegen die Bühnenkante in Kauf. Auch dem restlichen Publikum in den vorderen Reihen ist das egal. Es wird munter zu Liedfett getanzt, getrunken und lauthals mitgesungen. Auch die Songs vom neuen Album, welches erst einen Tag zuvor erschien, stellen kein Hindernis beim Mitsingen dar. Das lobt die Band sogar und vergleicht die Meute direkt mit den Zuhörern in Hamburg – eine absolute Ehre!
Generell könnte die Stimmung auch nicht lockerer sein. Die Band hat Bock. Die Fans haben Bock. Was gibt es Schöneres?
Zwischen den neuen Songs der Platte, sind natürlich auch Klassiker wie „Kommst du mit?“ und „Gaukler“ von der Partie. Und die Menge feiert ausgelassen.
Ich kämpfe mich schließlich nach mehr als der Hälfte des Konzerts euphorisch und deutlich ramponiert durch die nassgeschwitzte Menschenmasse nach hinten zu Tini, welche es sich direkt neben dem Merch mit ein paar netten Leuten gemütlich gemacht hat und mir zu meiner Überraschung einen großen Rückenpatch von Liedfett als Geschenk vor die Nase hält. So verweile ich noch ein wenig gemeinsam mit ihr seitens des Merchtisches und nehme so noch den einen oder anderen Song von Liedfett wahr.
Insgesamt werden wohl laut Setlist tatsächlich 26 Tracks inklusive Zugaben von den Jungs rausgeballert. Doch wir sind ehrlich: Mittlerweile strömen schon die Gäste für die Party danach in den Club. Es wird enger und enger. Für uns das Zeichen, dass es das für diesen Abend wohl besser gewesen sein soll. Und so treten wir noch vor den Zugaben den Heimweg an. Gar nicht mal so einfach, nach so viel Trubel noch die völlig lädierten Beine benutzen zu können…

[Best_Wordpress_Gallery id=“56″ gal_title=“Liedfett in Köln“]

 

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