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[dropcap]D[/dropcap]ie Ruhr Games sind eigentlich vor allem für die vielen sportlichen Aktivitäten bekannt. Ob BMX oder Tanzen, Parcour oder Kanu – knappe 10.000 Sportler sollen an diesem Event teilnehmen. Für alle, die sich bei Anblick dessen zu unsportlich fühlen, gibt es noch ein großes musikalisches Rahmenprogramm. Wir – die personalisierte Unsportlichkeit – sind genau deshalb vier Abende lang bei den Ruhr Games unterwegs. Tag eins begann gemütlich mit den Iserlohnern von Luxuslärm.

Schon bei der Ankunft merke ich, welcher Wind bei größeren Veranstaltungen weht. Als mich ein Fotograf mit größtem Equipment fragt, für welches Medium ich unterwegs bin, entgegnet er mir nur lächelnd, dass man bei der Akkreditierungsvergabe wohl besonders locker gewesen sei und so ziemlich jeder eine Zusage bekommen hätte. Ich verkneife mir jeglichen bösen Kommentar, der nur etwas wie Schwanzverlängerung und Egopush beinhaltet hätte und statte mich im Pressebüro mit allem Nötigen aus. Auch dort stoße ich wieder auf besonders große Objektive… scheint sich so zu gehören, sonst ist man wohl kein ernstzunehmender Fotograf. Na hoffentlich nutzen die alle auch ihr Equipment so wie sie es zur Schau stellen. Schließlich werden hier nicht nur ausschließlich Konzerte geboten, diese geben der Veranstaltung einen eher kleineren Rahmen.

Hier stehen die sportlichen Aktivitäten im Vordergrund. Ich entdecke zuerst beachtlich große BMX-Rampen. Hier fliegen die Menschen nur so durch die Luft. Vorbei an Tischtennis lande ich schließlich auf dem großen Hauptplatz, auf dem sich die zwei Bühnen befinden.
Vor der einen warten dann auch tatsächlich schon ein paar Fans. Ein Blick auf das Equipment verrät mir – hier werden bald Luxuslärm auftreten. Vor einigen Jahren, ich war damals noch eingefleischter Silbermond-Fan, fand ich die mal total genial. Heute hingegen möchte ich mich einfach überraschen lassen, zu lange habe ich von den Iserlohnern nichts mehr so wirklich gehört. Deshalb dienen sie für mich quasi dem Test der Bedingungen vor Ort. Wie hoch ist die Bühne? Was gibt das Gelände her? Wie viele Fotografen drängen sich auf wie viel Raum und lachen sich ins Fäustchen, weil ihr Equipment mehrere tausend Euro mehr wert als dein eigenes ist? Und wie schlagen sie sich mit ihren Objektiven, die teilweise jede einzelne Pore abbilden könnten?
Doch zunächst steht da noch ein DJ und haut munter Beats heraus. So weit, so gut. Bis drei Rapper die Bühne betreten und etwas von Freestyle erzählen. Ganz ehrlich – ich liebe guten Rap. Aber er muss eben auch gut sein und es darf nicht jede zweite Zeile ein „wir machen Hip Hop“ und „yeah“ beinhalten oder noch schlimmer – „ich sag Ruhr, ihr sagt Games… Ruhr… GAMES… Ruhr… GAMES!“
Ich schäme mich also tatsächlich ein wenig fremd bis die Skills langsam hörbarer werden. Das Beatboxing dann gefällt mir sogar, vor allem, als spontan ein paar Tänzer im Publikum beginnen, dazu ein wenig zu breakdancen.

Mein fünfzehnjähriges Ich, welches ich schon seit vielen Jahren nicht mehr gesehen habe, freut sich, als die Fünf von Luxuslärm endlich die Bühne entern.
Los geht’s. Ich dränge mich mit einem dutzend Fotografen in den engen Graben und mustere das Geschehen auf der Bühne. Die Band beherrscht ihr Handwerk. Jini röhrt auf Anhieb so los, als hätte sie noch nie etwas Anderes getan. Die Jungs lassen dazu den nahezu perfekten Instrumentalsound hören. Technisch liefert die Band zweifelsohne eine einwandfreie Show ab. Doch vielleicht liegt darin der Kern der Sache, der mich so stört. Es ist einfach viel zu viel Show. Jini wechselt zwischen etwas eingefrorenem Dauergrinsen und Augenzusammenkneifen, gestikuliert und posiert vor den Kameras und dem Publikum, als kämpfe sie im Finale von Deutschland sucht den Superstar. Ganz ehrlich – so springt der Funke auf mich einfach nicht über. Auf ihre Nachfrage hin bestätigt sich mein Eindruck – die Band hat eine treue Fangemeinde, viele der Anwesenden haben sie bereits live gesehen. Doch auch da passiert verhältnismäßig wenig. Zu Songs, wo ich einfach nur abtanzen würde, wird ein wenig geklatscht und leicht mitgewippt. Soll das echt alles sein?
Mittlerweile ist auch Karolin dazugestoßen und fragt sich ebenso, wieso alles so aufgesetzt sein muss. Der männliche Instrumentalpart auf der Bühne wirkt zweifelsohne gelassener als die Frontsängerin. Schade.

Etwas desillusioniert ziehen wir zu den Imbissbuden weiter, testen das vegane Angebot aus und lauschen nebenbei Luxuslärm. Auch auf einem weiteren Streifzug über das Gelände vernehmen wir weiterhin den Sound. Plötzlich ein Anruf. Es ist das Jahr 2006. Es will „Remmidemmi“ von Deichkind zurück.

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