[dropcap]I[/dropcap]n Zeiten wie diesen ist es wichtiger denn je geworden, Zusammenhalt gegen den Rechtsruck in der Gesellschaft zu demonstrieren. Was jüngst sogar Die Ärzte und Die Toten Hosen zusammenführte, motivierte nun die Crossover-Combo GWLT aus München dazu, ein Lebenszeichen von sich zu geben. Und das hat es in sich…
Als ich am heutigen Tag gedankenverloren durch meinen Facebook Feed scrollte, konnte ich meinen Augen zunächst nicht trauen. Lange hatte ich darauf gewartet und nun war es endlich da: Ein Lebenszeichen der Crossover-Band GWLT aus München.
Wer diesen Blog schon etwas länger verfolgt, der sollte wissen, wie viel mir an dieser Band liegt. Zunächst eher durch Zufall vor guten fünf Jahren auf ein dubioses Handzeichen auf Instagram gestoßen und von der brachialen musikalischen Spielweise etwas überrumpelt gefühlt, schloss ich GWLT für ihr Auftreten und ihre klare gesellschaftspolitische Message verdammt schnell in mein Herz. Denn genau das ist es, was GWLT für mich ausmachen: Nach Außen hin mögen sie auf den ersten Blick etwas sehr Brutales und fast schon Mackerhaftes an sich haben. Beschäftigt man sich jedoch nur einen Augenblick mit dem Inhalt ihrer Songs, mit ihrer Message, ihren Werten… so stellt man fest, wofür sie wirklich stehen: Gegen Hass, Gewalt und Ausgrenzung und für ein friedliches Miteinander.
Eine Hand voll liebevoll gestaltete EPs und Merchlinien später erblickte ihr Debütalbum Stein & Eisen im Jahr 2016 das Licht der Welt: Laut, emotional, aufwühlend, voll in die Fresse. Und dann wurde es lange still um die Band. Im heute veröffentlichten Posting äußert sich die Band folgendermaßen dazu:
Dann haben wir entgegen allen Erwartungen nichts nachfolgen lassen. Nicht, weil wir kein Interesse mehr haben Musik zu machen, sondern weil jeder von uns alles, wirklich alles was er hatte, in diese Platte gesteckt hat. Da müssen sich die Batterien wieder aufladen. Und das braucht Zeit. Aber obwohl wir nicht vollends gesundet sind, müssen wir uns kurz zu Wort melden. Nach den Vorkommnissen in Chemnitz und noch mehr nach den Reaktionen von Innenminister und Verfassungsschutzpräsidenten ist es aber nicht mehr möglich, dies umkommentiert zu lassen.
Ihr musikalischer Kommentar zur derzeitigen Situation hört auf den Namen Alles normal und unterscheidet sich musikalisch durchaus von vielen der bisherigen Veröffentlichungen der Band, aber hört doch mal selbst.
Alles normal
Menschlichkeit liegt nicht in den Genen
Alles normal
Axt oder Beil, Messer immer dabei
Die Anderen sind schuld, die Anderen
ja und die da waren auch mit dabei
Alles nochmal,
weil der Vergleich mit Reich ja hinkt
immerhin muss man doch mal vergessen können, warum guckt ihr Spinner immer noch hin
Alles nochmal
Deutschland Deutschland über über
Alles nochmal
das gibt es nicht erst seit den letzen Jahren
Alles nochmal
Alles nochmal
Angst, Angst, jeder zuckt, Terrorist, Terrorist, jeder Mucks
wird überwacht, damit wenn was passiert, jaja wenn was passiert, wirklich jeder guckt
Bitte gehen Sie weiter, es gibt nichts zu sehn
Es geht immer leichter, wenn sie nicht zusehen
Den rechtsradikalen Stimmen Raum geben? Als irre, linksradikal und gewalttätig dargestellt werden, während der blinde Hass der „besorgten Bürger“ ernst genommen, bagatellisiert und – noch schlimmer – nach und nach salonfähig wird? Das, was sich hier mehr und mehr als Normalität in den Alltag schleicht, darf keine sein. GWLT finden: Wir müssen stärker zusammenrücken.
Im Gegensatz zu zahlreichen eher durch den Hardcore-Punk beeinflussten Songs tendiert Alles normal mehr in Richtung des klassischen Raps ganz im Stil von Frontmann David Mayonga aka Roger Rekless mit verhältnismäßig fast schon dezent genutzten Synthie- und Gitarrenelementen. Rein handwerklich gesehen punktet der Track mit seiner Varianz zwischen schnellem Rap und Gesangsparts. On Top gibt es ein schlichtes und durch die Düsterheit doch bedrückendes Musikvideo zu sehen.
Auch wenn es noch nicht die finale Rückkehr der Band in die Öffentlichkeit bedeutet, so freut es mich sehr zu hören, dass die Dudes von GWLT als eine der politischsten Bands in meinem Umfeld weiterhin zusammen Musik machen und weiter für die richtigen Werte einstehen.