[dropcap]D[/dropcap]as Jahr 2017 ist so gut wie vorüber. Es ist Zeit für ein paar ehrliche Worte und ein musikalisches Fazit: Welche Bands und Künstler bewegten mich in den vergangenen zwölf Monaten und wovon hätte ich mir persönlich vielleicht mehr versprochen?
Wow, krass. Das Jahr 2017 ist so gut wie vorbei und bevor ich Euch meinen (musikalischen) Jahresrückblick präsentiere, muss ich mir an dieser Stelle etwas von der Seele schreiben, was ich schon längst einmal los werden wollte.
Während viele nun darüber schimpfen werden, wie viel in den vergangenen zwölf Monaten schief gelaufen ist, möchte ich vor allem eins: Euch allen für die Unterstützung danken. Es ist so unfassbar viel passiert. Ich habe mich endlich wieder an das Genre der Interviews heran gewagt, habe unglaublich viele tolle Shows besucht und mir mit Eurer Hilfe den einen oder anderen fotografischen Traum erfüllen dürfen. Ich habe tolle MusikerInnen, FotografInnen und Musikbegeisterte kennengelernt und habe mich fotografisch gesehen weiterentwickelt. Die Social Media Kanäle des Blogs sind mehr als zufriedenstellend gewachsen.
Was jetzt alles nach Friede Freude Eierkuchen und Entspannung klingt, war stellenweise aber eine wirklich stressige Angelegenheit. Ich war nicht nur einmal dem Aufgeben nahe. Aber was ist passiert?
Als diese Seite hier im Jahr 2013 unter dem Namen „Schall und Rauch Blog“ als mein persönliches Herzensprojekt gegründet wurde, holte ich mir zur Unterstützung zwei Menschen mit ins Boot, denen prinzipiell alle Möglichkeiten offen standen. Sie hätten sich einmal komplett auf der Seite austoben dürfen. Die erste Person verabschiedete sich kurz vor dem Namenswechsel der Seite aufgrund teaminterner Streitigkeiten.
Von da an ging es für lange Zeit zu zweit weiter. Nachdem es zunächst noch ein paar Versuche in Form kleinerer Rezensionen gab, kristallisierte sich bald eine Rollenverteilung heraus: Während ich den Blog samt aller Social Media Kanäle administrierte und zugleich fotografierte und für sämtliche Textveröffentlichungen verantwortlich war, kümmerte sich meine verbliebene Mitstreiterin zunehmend um Hintergrundaktivitäten wie den beobachtenden Part auf Konzerten (woraus ich schließlich meine Berichte zusammenschrieb), Akkreditierungsanfragen, Korrekturlesen, Recherche von Kleinigkeiten wie Social Media Accounts und Tourterminen oder die grobe Transkription von Interviews.
Ich war mit Kopf und Herz stets zu 200 Prozent bei Schallgefluester, beobachtete jedoch zugleich, wie die Interessen meiner Kollegen zunehmend in andere Richtungen abschweiften. Doch Aufgeben war für mich nie eine Option. Und genau deshalb nahm ich immer mehr der so verhassten Hintergrundaktivitäten selbst in die Hand, änderte die Formulierungen von „wir“ zu „ich“, gestaltete die Beiträge noch persönlicher und überwand sogar die eine oder andere meiner Ur-Ängste. Schließlich brach der Kontakt aufgrund persönlicher Streitigkeiten komplett ab und ich stand mit Schallgefluester endgültig allein da.
Bevor Ihr jetzt alle in Panik verfallt: Mit Schallgefluester geht es auch im Jahr 2018 weiter. Ich kann und möchte mein Herzensprojekt auf keinen Fall aufgeben und freue mich auf viele aufregende neue Erfahrungen mit diesem Blog.
Einen kleinen Wermutstropfen gibt es trotzdem: Ich muss das Fotografieren und Schreiben für auf unbestimmte Zeit deutlich zurückschrauben. Wie viele unter Euch wissen sollten, verdiene ich mit Schallgefluester keinen einzigen Cent. Und genau deshalb muss ich meine Prioritäten in den kommenden Monaten vom Blog auf Bachelorarbeit und Nebenjob verlagern. Doch seid Euch sicher – wann auch immer ich ein wenig Zeit und Energie finde, werde ich diese in Schallgefluester investieren.
Kommen wir nun zum deutlich angenehmeren Teil des Beitrags, meinem persönlichen Jahresrückblick 2017. in den ersten beiden Kategorien habe ich besondere Highlights fett markiert.
Tini Schallgefluesters Jahresrückblick 2017
Konzerttage | 48 | Weiteste Anreise |
Leoniden, Koblenz durch verrückte Umwege – 250 km pro Strecke |
Einzelauftritte | 178 | Kürzeste Anreise |
Von Welt, Siegen – 500 m pro Strecke |
Meistgesehen: Leoniden (6x) |
(habe den ganzen Nachmittag der Von Welt Kopfhörerkonzerte mal nur als ein Konzert zusammengefasst, obwohl es theoretisch sechs Auftritte zu je einer halben Stunde waren)
Alben und EPs, auf die ich in diesem Jahr nicht verzichten konnte
- Leoniden – Leoniden
- FJØRT – Couleur
- Aufbau West – Die Märchen der Gebrüder Grimmig
- KEELE – Gut und dir
- EMMA6 – Wir waren nie hier
- Acres – Smoke and Decay
- Love A – Nichts ist neu
- Myelin – Reservoirs
- Into the Fray – Into the Fray
- 3Plusss – Gottkomplex
- von Welt – Milliardenstadt
Songs, die ich bis zum Umfallen gehört habe
Wer mag, der kann sich hier einfach die Spotify Playlist reinziehen, der Rest kann die Tracks hier einfach nachlesen.
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Konzert/Festival/Event des Jahres
Auch wenn das Album „Tape“ bei mir nicht wirklich gut weg kam, bin ich umso glücklicher darüber, dass ich mir endlich meinen Traum erfüllen konnte, Mark Forster im Westfalenpark in Dortmund zu fotografieren.
Ein weiteres Highlight war das Big Day Out 9.0 in Anröchte, weil das mein erstes Mal Fotografieren in dieser Größenordnung war und ich den Blick über diese Masse an Menschen so schnell nicht mehr vergessen werde.
Mein Interview mit FJØRT bleibt für mich unvergessen schön, weil es sich hierbei tatsächlich um das erste Gespräch für den Blog handelte, das ich von vorn bis hinten in kompletter Eigenregie vor- und nachbereitet habe und mir die Band ohnehin total am Herzen liegt.
Die Gefühle gingen bei einigen Konzerten krass mit mir durch, ganz besonders bei diversen Shows der Leoniden, bei Into the Fray und An Early Cascade, Smile And Burn, meiner ersten Keele Show, diverse Male beim Big Day Out in Anröchte, bei VAN HOLZEN, Mark Forster, komplett unerwartet beim Green Juice Special #2 oder zuletzt auch bei Acres, Jennifer Gegenläufer und KAFVKA.
Ansonsten packten mich diverse persönliche Wiedersehen mit tollen Menschen auf besondere emotionale Art und Weise – allen voran Aufbau West, Marathonmann, An Early Cascade und I Saw Daylight.
Musikvideos des Jahres
Und erneut denke ich mir, dass ich nicht wieder FJØRT posten kann, obwohl sie es verdient hätten. Stattdessen habe ich mich aber für zwei andere Videos entscheiden
Der Preis für das aufwendigste Lyric-Video geht für mich in diesem Jahr klar an Farben/Schwarz für das Meisterwerk zu „Darfs ein bisschen fair sein“. Wie viel Liebe zum Detail kann in so einem Musikvideo stecken? Hallo?!
Das mutigste Video des Jahres kommt für mich aus dem Hause Aufbau West.
Ich ziehe meinen imaginären Hut vor der Gruppe, dass sie diesen heiklen Videodreh gewagt hat. Das Ergebnis lässt mir einen eiskalten Schauer den Rücken hinunter laufen und das liegt gewiss nicht an der Band…
Musikalische Enttäuschung des Jahres
Mir ist klar geworden, dass ich meinen Bezug zu Kraftklub in diesem Jahr endgültig verloren habe. Mittlerweile mag ich weder Stil des Gesangs, noch die Inhalte noch so wirklich gern. Das Album hat mich tierisch enttäuscht, auch wenn ich mit dieser Meinung sicher nahezu allein dastehen werde.
Musikalische Persönlichkeiten des Jahres
Allen voran haben sich die Leoniden im Jahr 2017 in mein Herz getanzt.
Darüber hinaus hat mir die persönliche Reunion mit Aufbau West sehr gut getan, auch wenn sie nun natürlich vor wenigen Tagen mit ihrer Schock-Nachricht um die Ecke kamen. Und das gerade, wo sie auch noch inhaltlich so einen wichtigen Sprung gemacht haben. Die Band wird mir echt fehlen…
Abseits der Musiker mag ich an dieser Stelle auch mal den Renke vom Label Zeitstrafe erwähnen, weil er ungefähr der netteste und aufmerksamste Mensch ist, der mir bisher je in diesem Business untergekommen ist. Von mir aus könnte gern die ganze Welt ein Stückchen mehr wie er sein.
Musikalische Überraschung des Jahres
Meine größte musikalische Überraschung des Jahres 2017 sind ganz klar VAN HOLZEN, weil ich ihnen bis vor ihrem Auftritt beim Rockade Festiwoll 2017 echt Unrecht getan habe. Die Jungs sind alles, aber kein Abklatsch von Heisskalt.
Darüber hinaus hat mich Jennifer Gegenläufer mit Texten, Skills und Ausstrahlung durch und durch beeindruckt. Ich freu mich schon tierisch auf neue Studioaufnahmen!
Ein Songtextzitat, welches das vergangene Jahr beschreibt…
„Nichts, was gut ist, tat nicht vorher weh“
FJØRT – Südwärts
Genialstes Erlebnis dank des Blogs
Ich habe die Leoniden interviewt und mehrfach live erlebt, den besten Blick aller Zeiten beim Big Day Out 9.0 genossen und endlich Mark Forster wieder gesehen und fotografiert. Außerdem brachten mich Menschen wie Ben von Milliarden, RAZZ und FJØRT dazu, dass ich mich in Interviewsituationen nach und nach wohler fühle
Auch wenn ich keinen großen Wert auf besonders bekannte Künstler lege, sind sie doch ein interessanter Indikator für die Entwicklung von Schallgefluester. Im Jahresrückblick des Jahres 2016 freute ich mich noch extrem über das Fotografieren der Band GLORIA, 2017 hatte ich unter anderem The Pretty Reckless, Sportfreunde Stiller, Clueso, Bosse, Joris, Billy Talent, Alligatoah und die Donots vor der Linse.
Meine schönste Neuentdeckung aufgrund des Blogs
A Saving Whisper – Eigentlich hatte ich geistig vor Erschöpfung schon beinahe mit dem Festivaltag abgeschlossen. Als The Saving Whisper mit ihrem Set begannen, war ich plötzlich wieder hellwach. Für Fans der härteren Gangart.
Jennifer Gegenläufer – Komplett ohne irgendwelche Erwartungen zum Konzert gegangen und von der ersten Line an einfach nur begeistert gewesen. Eine riesige Empfehlung an alle da draußen, die Wert auf Skills gepaart mit schlau verpackten gesellschaftsrelevanten Inhalten legen.
Meine Wünsche für das nächste Jahr mit Schallgefluester
Wenn 2018 in etwa so weiter laufen würde wie 2017, nur mit noch mehr Muse und Energie (und ohne dass Ihr großartig bemerkt, dass sich meine Lebenssituation verändert), dann wäre ich schon echt zufrieden. Ansonsten wäre ich natürlich auch weiterhin offen für die eine oder andere größere Kooperation…
Meine Message an Euch…
„Someone told me once, decisions are neither wrong nor right
but keep the following in mind, keep the following in mind,
that things would have been different,
doesn’t mean that they would have been better,
we cannot turn back time.“
I Saw Daylight – Irrealis
Ich gehe sogar weiter als I Saw Daylight – ob sich eine Situation richtig oder falsch anfühlt, es hat schon alles so seinen Sinn. Es ist zwar gut und wichtig, Vergangenes zu hinterfragen und sich selbst zu reflektieren, doch anstatt sich permanent über Früheres den Kopf zu zerbrechen, solltet Ihr viel mehr im Hier und Jetzt leben.