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[dropcap]E[/dropcap]s gibt schon verdammt viele Bands. So viele, dass man sich selten jede anhört, deren Namen man einmal aufgeschnappt hat. Deshalb ist es natürlich von Vorteil, wenn man auf manche etwas kräftiger gestoßen wird. So geschehen bei Und wieder Oktober, auf welche ich durch KMPFSPRT und einen treuen Leser aufmerksam wurde.

Man nehme eine zwischenbandliche Ehe und gute Kontakte und stoße so auf einem Konzert auf den engagierten Gitarristen und Pianisten einer Band, deren Namen man schon öfter einmal aufgeschnappt hatte. Außerdem addiere man dazu wenig Zeit. In der Summe entsteht dann so etwas wie jetzt – eine späte und dennoch ehrliche und liebevolle Rezension zu „Tag X“ von Und wieder Oktober.

Und_wieder_Oktober_Tag_X_Booklet
Name Tag X von Und wieder Oktober ¹
Erschienen am 10.10.2014
Musikstil deutschsprachiger Pop mit Folk- und Singer-Songwriter-Einflüssen
Spieldauer 41:30 min verteilt auf 11 Tracks
Weitere Infos facebook pages Webseite SoundCloud YouTube
zu erwerben via Amazon*, iTunes & Co.

Tag X. Was passiert bitte an solch einem Tag? Er trägt keine Nummer, keinen konkreteren Namen. Einfach nur X. Markiert das X einen Wendepunkt, ein Ziel wie auf einer Schatzkarte? Ist es etwa ein solcher, an dem ich mich hemmungslos vollfuttern würde, um dann von einem Hochhaus oder einer Bergspitze auf die Menschheit zu blicken, wie sie panisch versucht, vor der Apokalypse zu fliehen? Oder versteckt sich hinter diesem sagenumwobenen Tag ein etwas harmloserer und dennoch wichtiger Wendepunkt eines Lebens? Tag X bietet Interpretationsspielraum. Viel Interpretationsspielraum.

Das Cover dieser Scheibe von Und wieder Oktober ist so einfach und doch ein Hingucker. eine herbstlich anmutende Gegenlichtaufnahme einer Waldlichtung, die Rückenansicht eines anzugtragenden Mannes mit Aktentasche. Was geschieht hier? Hoffentlich will der nicht sein Leben beenden. Will er einfach nur aussteigen, aus alten Gewohnheiten, Mustern, Zwängen?
Direkt über diesem Mann der Bandname und Albumtitel in Weiß. Das „X“ sticht durch Größe und Ausrichtung dabei besonders hervor und könnte, fiele es jetzt vom Himmel, den Mann wohl augenblicklich erschlagen. Doch ich glaube, dahingehend geht gerade lediglich die Fantasie mit mir durch. Als würden „Und wieder Oktober“ so etwas Brutales darstellen wollen. Betrachtet man nämlich das Gesamtbild des Covers, so wirkt es tendenziell eher friedlich und nach vorn blickend, als könne nichts Schlimmes geschehen, als käme nun die Sonne und man müsse nur den Schritt wagen und in Richtung Licht gehen.

Das Intro „Bloß weg“ gibt eine leise Vorahnung darauf, ob eine meiner Theorien stimmen könnte. Ein schön produziertes Instrumental, viel Klavier, dezentes Schlagzeug, sehr melodiöser gefühlvoller femininer Gesang. „Keine Ahnung wo lang – wir folgen der Sonne“. Es klingt bizarr, weil ich so etwas eigentlich hasse und so etwas sonst eher als Unkreativität des Künstlers abstemple, aber besonders die Melodieführung des „Ooh“ auf der Tonleiter nach oben klingt toll und in Verbindung mit Klavier und Streichern unfassbar groß.
Ein sauberer Übergang zu „Tag X“. Es irritiert mich kurz, dass da jetzt plötzlich eine Männerstimme zu hören ist. Sprechgesang, sehr klar verständlich. Es geht um Monotonie, dem Wunsch nach einem Ausbruch, alles auf nur einem Ton statt einer Melodie. Das klingt so passend, dass es fast schade ist, als die Frauenstimme dazukommt. Doch spätestens im Refrain mit Streichern ergibt es wieder ein sehr stimmiges Gesamtbild, schließlich wird dort alles an Tag X rosarot.
„Doch jetzt“ erinnert mich genau wie der Vorgänger anfangs extrem an „Einsatz“ von OK KID und „Sommernacht“ von Stereogold. Langsam beginne ich, das Zusammenspiel von männlicher und weiblicher Stimme zu mögen. Erneut geht es um einen positiven Blick nach vorn. Auch im Rollstuhl wird getanzt.
Der rote Faden wird immer deutlicher, so heißt der nächste Titel tatsächlich „Tanz“. Dessen anfänglicher Klavierpart lässt sich meinem Gehör nach irgendwo zwischen Coldplays „The Scientist“ und Des’rees „I’m kissing you“ verorten. Es geht um Liebe und Verlust der Selbstkontrolle, sich verbiegen lassen, keine Fragen stellen, Befehlen folgen. Ich komm einfach nicht darauf, woran mich wiederum der Refrain erinnert, aber besonders der wirkt in Sachen Gitarrenriff so unglaublich vertraut. Falls mir jemand den entscheidenden Tipp geben kann, immer her damit!
Bis dahin fühle ich mich einfach zurückversetzt in eine Zeit, zu der ich noch bevorzugt Luttenberger Klug und Silbermond hörte, ohne die Musik damit in irgendeiner Form abwerten zu wollen. Denn eigentlich fühlt sich diese Vertrautheit wirklich schön an.

So zieht sich auch das restliche Album weiter. Es klingt nach der großen Freiheit, nach dem Abwerfen von Altlasten. Ob alte Beziehungen, Erinnerungen, aber auch große Träume und Wagnisse. Manchmal gibt es auch ein wenig Wortwitz zum Schmunzeln.
„Tag X“ ist ein Album voller Aufbruchstimmung und Motivation, sowohl musikalisch, als auch textlich größtenteils selbstreflektierend und nach vorn blickend. Es klingt zwar melancholisch, doch nicht deprimierend. Ein jedes Ende ist auch immer wieder ein Neuanfang. Es geht weiter, solange man es will. Ich kann mir wirklich gut vorstellen, dass mir Und wieder Oktober Konzert echte Gänsehaut zaubern würde…

Anspieltipps: „Tag X“, „Tanz“

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