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5 Jahre Schallgefluester | Tonbandgerät beim Gamescom City Festival 2018 in Köln | Credits: Christin Meyer

[dropcap]L[/dropcap]iebe Menschen, heute ist ein ganz besonderer Tag für Schallgefluester. Und ich Dulli hätte ihn beinahe verpennt… Aber ich will euch gar nicht zu lange auf die Folter spannen.

Ich kann’s nicht fassen. Eigentlich bin ich doch die Art von Mensch, die sich völlig überstürzt in irgendwelche Schnapsideen rein wirft und diese dann nach maximal zwei Wochen wieder so schnell begräbt wie sie entstanden sind. Umso verrückter fühlt es sich nun an, Folgendes zu schreiben:
Zwischen all den Endorphinen, dem Coverband-Terror vor der eigenen Haustür und den dicken Stapeln an unbearbeiteten Fotos hätte ich ein Ereignis beinahe verschwitzt: Heute vor genau fünf Jahren ging Schallgefluester offiziell online.
Gut, damals hatte das alles hier noch einen weitaus weniger griffigen Namen und tat so, als gäbe es ein „Wir“ aus drei Autorinnen, obwohl schon von Anfang an quasi ausschließlich mein Herz, meine Seele, mein Schweiß und meine Zeit, Energie und finanziellen Mittel in diesem Projekt steckten. Zu Beginn war der Schall Und Rauch Blog ein Trotz-Projekt als Reaktion auf einen eher unsanften Ausstieg als Grafikerin bei einem anderen mittlerweile Musikblog. Zunächst konzentrierte sich SURB auf Rezensionen, E-Mail-Interviews und Konzertberichte kleinster Künstler*innen aus dem persönlichen Umfeld oder hin und wieder auch mal jener etwas größerer mit Mitleid für ein so kleines Projekt wie dieses. Bis heute bin ich exakt diesen Leuten so dankbar für diese Chance. Ihr seid Gold, wisst ihr das?
Ein knappes Jahr später waren „wir“ bereits um ein Teammitglied erschlankt, als mich eine weitere seltsame Idee ereilte, die mein Leben komplett auf den Kopf stellen sollte: Gekränkt durch das Verhalten eines Musikers kam ich auf den völlig absurden Gedanken, meine kleine Knipse auf Kosten des BAföGs gegen eine große Spiegelreflexkamera einzutauschen und einfach mal zu schauen, wie Herr Musiker darauf reagieren würde, wenn ich unter ihm im Pressegraben stünde. Jahre später werde ich nun zwar noch immer ignoriert, habe dafür aber etwas deutlich Wichtigeres für mein Leben dazugewonnen: Die Konzertfotografie, mein Ein und Alles. Das, wofür mittlerweile die meisten Leute unter euch Schallgefluester kennen.

Von „Ich weiß nicht mal, wie das Teil überhaupt angeht“ entwickelte ich mich weiter, kämpfte mich vom Liveview im Automatikmodus hin zur manuellen Digitalfotografie. Also abgesehen vom Fokus vielleicht, denn ohne Fokuspunkte würde bei mir nicht ein Bild auch nur im Ansatz scharf werden und ihr müsstet auf so ziemlich jede Momentaufnahme von Künstler*innen wie den Blackout Problems oder FJØRT verzichten… und das wäre furchtbar schade, oder?

Im Fotograben beim Rockaway Beach Open Air 2018 in Losheim am See. Credits: Alexander Ehlers

Das Team schmälerte sich in der Zwischenzeit erneut und ich war nun auch für die Öffentlichkeit sichtbar allein unterwegs. Meiner Motivation tat das aber keinen Abbruch. Im Gegenteil: Ich wollte es so manchen Menschen da draußen nun noch mehr zeigen. Tini, der Trotz in Person.

Heute ist Schallgefluester fünf. Fünf verdammte Jahre alt. Das ist quasi das letztes Jahr des Vorschulalters. Das ist knapp ein Fünftel meines Lebens. Und es ist für mich vor allem eins: Un-fucking-fassbar. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie sehr ich zu schätzen weiß, was aus zwei Trotzreaktionen alles gewachsen ist. Ich kann quasi einmal quer durch die Republik fahren und werde am anderen Ende Deutschlands Menschen auf Konzerten vorfinden können, die schon einmal in irgendeiner Form Kontakt zu meinen Bildern oder Texten hatten. Und wie geil ist das denn bitte?! Ich bin vielleicht nicht so einflussreich und bekannt wie all diese YouTube-Sternchen mit ihren krassen Challenges, Hauls und Let’s Plays, aber das möchte ich auch gar nicht unbedingt sein. Es reicht mir bereits, dass hin und wieder Menschen auf mich zukommen und mir sagen, dass sie durch mich eine Band entdeckt haben oder dass ich bitte nie mit dem Fotografieren aufhören soll. Mir geht’s gar nicht so um die fette Aufmerksamkeit für meine Person. Klar spielt meine Persönlichkeit in den emotional formulierten Artikeln eine größere Rolle, aber in erster Linie soll Schallgefluester jenen Leuten eine Plattform bieten, die es wirklich verdient haben, von der Welt gehört und gesehen zu werden.
Sicher wäre es auch schön, wenn sich das Projekt finanziell mal irgendwie selbst tragen könnte und ich nicht von meinem spärlichen Gehalt aus dem Nebenjob auch noch dafür aufkommen müsste, aber was nicht ist, kann noch werden. Und wenn nicht, dann halt nicht. Hier soll zu jeder Zeit die Musik im Vordergrund stehen und niemals niemals nie das dicke Geld.
Ich danke allen Wegbereiter*innen und Wegbegleiter*innen, allen Musiker*innen, Veranstalter*innen, Promoter*innen, Labels, Agenturen, Fotograbenbekanntschaften und Leser*innen. Ich danke allen, denen das hier auch nur im Ansatz was bedeutet. Ohne euch wäre das hier sinnlos. Ihr seid die Besten.

Ach und bevor ich es vergesse: In der letzten Zeit habe ich neben den vielen Festivals auch nach und nach an der Seite gefeilt. Noch ist nicht alles perfekt, aber vielleicht ist euch ja schon die eine oder andere größere und kleinere Modifikation ins Auge gestochen. Darüber hinaus erwartet euch eventuell bald eine noch deutlichere Veränderung. Ihr dürft gespannt sein…

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